Als sie frisch verheiratet waren, lächelten Siew Li und Jason auf die Frage von Bekannten, wie sie sich kennengelernt hätten, stets und erzählten unverbindlich, das wäre vor vielen Jahren auf einer Schulveranstaltung gewesen. Das sei tatsächlich ein glücklicher Zufall gewesen, da sie aus einer chinesischsprachigen Familie stamme und er praktisch einsprachig mit Queen’s English aufgewachsen sei, sie also aus unterschiedlichen Welten kämen, und hätte es nicht dieses eine zufällige Treffen gegeben, wären sie einander wahrscheinlich nie im Leben begegnet. Das wäre jammerschade gewesen, sagte Jason dann immer, und seine Hand lag besitzergreifend auf der seiner Frau. Nach der Geburt der Kinder überlegten sie gemächlich, wie viel sie ihnen erzählen sollten. Die Geschichte würde sich von selbst ergeben, es eilte nicht.
Später, als alles vorbei war, hatte Siew Li viel Zeit, über diese Begegnung nachzudenken. Wie sehr ihr Leben doch von winzigen Zufällen entschieden wurde, so selbstbestimmt es auch wirkte. Wäre sie an diesem Tag woanders gestanden, hätte Jason sie nicht gesehen. Wäre sie früher heimgegangen, wie ihre Mutter angeordnet hatte, hätte Lina nie mit ihr geredet. Und was wäre dann aus ihrem Leben geworden? Die Partei erklärte, die Gesellschaft müsse sich von ihren Ketten befreien, die Versklavung des Menschen durch den Menschen werde unzweifelhaft ein Ende haben. In ihrem Innersten begriff sie allerdings nicht, wie sich die Partei da so sicher sein konnte, wenn doch so vieles vom Zufall abhing.
Gegen Ende ihres Lebens schrieb sie diese Gedanken für ihre beiden Kinder in unzusammenhängenden Briefen auf, manchmal auf Papier, manchmal nur im Kopf. Der Anfang lautete immer gleich: Hoffentlich seid ihr gesund, hoffentlich seid ihr in Sicherheit, hoffentlich hat man euch