Das Schlimmste waren die Nächte. Die langen, quälenden Stunden, in denen er sich von einer Seite auf die andere wälzte, um seinen Gedanken zu entkommen. Die endlose Zeit allein mit sich selbst, zersplittert in unzählige Stunden schwärzester Furcht.
Er fühlte, wie seine Handflächen nass wurden und das Blut in seinem Kopf zu pochen begann.
Hektisch glitt sein Blick über die vertrauten Dinge in dem winzigen Raum: den Tisch, den Stapel Papier darauf, die Wasserflasche, das Glas. Schemen nur, nicht mehr als eine Andeutung der Dinge, aber sie beruhigten ihn allmählich.
Bis der Schrecken zurückkehrte.
Er schloss die Augen, um nicht zum Fenster zu sehen und nicht zur Tür. Trank die Luft wie ein Verdurstender.
Er stellte sich das Meer vor.
Darüber einen weit gespannten Himmel.
Es half immer nur für einen Augenblick, einen kurzen, köstlichen Moment, der in sich zusammenfiel, sobald er begann, sich zu entspannen.
Das Meer.
Bis zum Horizont.
Das Meer …
Doch das Blau verblasste. Die Stunden bauten sich vor ihm auf wie ein Gebirge. Drängten das Bild zurück. Bis nichts mehr da war, das ihm helfen konnte, diese Nacht zu überstehen.
*
Noch im Schlaf wusste ich, dass dies ein Albtraum war. Ich wollte aufwachen, aber es gelang mir nicht. Als ich den Mund aufriss, um zu schreien, merkte ich, dass meine Lippen zusammengewachsen waren.
»Jette! Jette, du träumst.«
Jemand rüttelte mich sanft an den Schultern. Ich erkannte Merles Stimme und blickte kurz darauf in ihr verschlafenes Gesicht. Ihre kurzen Haare standen störrisch in alle Richtungen ab.
Das Licht aus dem Flur lag in einem breiten Streifen auf dem Holzfußboden. Es hatte nicht genügend Kraft, um mein Zimmer zu erhellen. Sämtliche Farben waren erloschen, selbst das leuchtende Rot von Merles Haaren.
Als meine Freundin sich zu mir auf die Bettkante setzte, gab die Matratze seufzend nach. Merle breitete die Arme aus und zog mich an sich.
Ich atmete ihren Nachtduft ein, die vertraute Mischung aus einem Rest ihres Parfüms, Henna und Schlaf, und war froh, meinem Traum entkommen zu sein.
»Willst du reden?«
Merle hielt mich noch immer. Ihr Atem strich über meine Wange.
»Nein.« Ich löste mich von ihr und schüttelte den Kopf. Mein Traum hatte sich bereits verflüchtigt. Allerdings konnte ich die Angst immer noch schmecken. »Aber bleib noch ein bisschen, ja?«
Im nächsten Moment hatte Merle das Licht im Flur gelöscht und war zu mir unter die Bettdecke geschlüpft. Ihre Füße waren kalt, ihre Knie ebenfalls. Sie schmiegte sich an mich und gähnte.
»Gute Nacht«, flüsterte sie.
»Schlaf gut«, flüsterte ich zurück.
Ich fragte mich, ob alle Menschen im Dunkeln anfingen zu flüstern. Früher hatte ich geglaubt, in den finsteren Winkeln meines Zimmers lauerten Monster,