Weg von den Drogen
Bereits in der ersten Woche des neuen Jahres hatte ich einen Termin bei meinem Physiotherapeuten. Mittlerweile konnte ich die 300 Meter bis dorthin mit meinem Rollator bewältigen – allerdings musste ich für diese kleine Strecke etwa zwei Stunden einplanen. Deshalb lief ich schon frühzeitig los, damit ich meinen Vormittagstermin pünktlich erreichte.
Herr Frank trainierte mit mir eine halbe Stunde, danach pausierte ich noch mal ebenso lange, um dann den Rückweg anzutreten, der oft noch länger dauerte als der Hinweg, manchmal bis zu drei Stunden. Für 600 Meter Fußweg und eine halbe Stunde Training war ich also bis zu sechs Stunden unterwegs. Dabei war ich so konzentriert und angestrengt, dass ich über diesen Wahnsinn kaum nachdachte.
Wenn ich nach dieser Strapaze nach Hause kam, nahm ich einen kleinen Imbiss zu mir und legte mich ohne Umwege hin, um eine Runde zu schlafen. Beim Aufwachen am späten Nachmittag waren Sandy und Evelin da. Ich setzte mich dann zu ihnen auf die Couch und wir verbrachten gemeinsam den Abend. Nachdem ich Evelin die bereits erwähnten Gute-Nacht-Geschichten erzählt hatte, ging auch ich so früh ins Bett. Diese Abende waren für mich das Schönste des Tages und die Triebfeder weiterzumachen und nicht zu verzweifeln.
Noch im Januar sollte ich mich in einer Therapie-Einrichtung für Drogenabhängige einfinden. Dr. Hermann hatte die Therapie während meines Krankenhausaufenthalts eingeleitet, weil er dies für unbedingt erforderlich hielt. Sandy war ganz auf seiner Seite, aber ich wollte eigentlich nicht, denn ich kannte viele, die bereits eine oder mehrere solcher Therapien erfolglos hinter sich gebracht hatten. Deren Meinung war überwiegend negativ ausgefallen, zudem die Rückfallquoten hoch waren.
Nun gut, ich fügte mich und folgte dem Rat von Dr. Hermann und meiner Frau. Ich telefonierte also mit der Therapie-Einrichtung und schilderte dabei meine Mobilitätsprobleme. Der Therapeut am anderen Ende der Leitung gab mir einen Termin und meinte: »Herr Belser, kommen Sie doch bitte zum genannten Termin persönlich vorbei, dann werden wir ja sehen, ob es Sinn macht, dass Sie Ihre Therapie bei uns antreten, oder nicht.«
Sandy fuhr mich zu diesem Termin aufs Land. Auf der Fahrt dorthin war ich wenig gesprächig, denn ich hatte miese Laune. Gerade entlassen nach einem Jahr stationärer Behandlung in mehreren Kliniken, war ich nun schon wieder auf dem Weg in die nächste Anstalt. Direkt vor der Eingangstür der Einrichtung geparkt, musste ich erst einmal tief Luft holen, denn was ich sah, behagte mir gar nicht: Ein kleines Gebäude mit Gittern vor den Fenstern und links vor der Tür eine abgegrenzte Ecke, in der einige Patienten rauchten.
Wir gingen hinein und meldeten uns bei der Rezeption. Auch von innen gefiel mir dieses Haus nicht, ich wäre am liebsten sofort umgekehrt. Der Portier sagte, wir sollten uns setzen und auf den Therapeuten warten.
Als dieser nach einer Weile kam und mich an meinem Rollator sah, nahm er mich mit zu einem Arzt im Haus. Dieser beobachte mich, als ich sein Zimmer betrat. Es folgte ein freundliches, aber nichtssagendes Gespräch, dann brachte er es auf den Punkt: »Herr Belser, ich denke Sie sind für eine Therapie in unserem Hause nicht genügend in Form. Wir haben hier keine Aufzüge, keinerlei Pflegepersonal, die Wäsche müss