: Susanne Scholl
: Die Damen des Hauses
: Residenz Verlag
: 9783701746187
: 1
: CHF 14.40
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Vier Frauen am Ende eines Lebensabschnitts - und am Anfang eines neuen, in dem sie mit Humor und Solidarität einen unkonventionellen Weg einschlagen: Ella bleibt in ihrer großen Altbauwohnung allein. Endlich allein? Oder doch einsam? Da sind auch noch Rada, die rumänische Pflegerin ihres verstorbenen Mannes, Ellas Schwester, die schillernde Maggie, die nach einer internationalen Karriere zurückkehrt, und Luise, die Nachbarin, die wegen einer Jüngeren verlassen wurde. Wie können, wollen und dürfen sie ihr Alter leben? Unsichtbar oder öffentlich? Erfüllt oder frustriert? Und vor allem: jede für sich oder alle zusammen? Gemeinsam geben sie eine mutige und ungewöhnliche Antwort - und Ellas große Wohnung füllt sich mit Leben und heftigen Diskussionen über Politik, Familie ... und Sex.

Susanne Scholl, geboren 1949 in Wien, Studium der Slawistik in Rom und Moskau. Langjährige ORF-Korrespondentin in Moskau. Susanne Scholl hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wichtige Preise für ihre journalistische Arbeit und ihr menschenrechtliches Engagement erhalten, u. a. den Concordia Preis und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Zuletzt erschienen: 'Emma schweigt' (2013), 'Warten auf Gianni' (2016), 'Wachtraum' (2017), 'Die Damen des Hauses' (2019).

1. ELLA


»Endlich allein«, denkt Ella und lässt sich auf das graue Sofa fallen, das das Wohnzimmer dominiert.

Frau Liese faucht empört und bringt sich mit einem Satz in Sicherheit.

»Mausi, verzeih, hab dich nicht gesehen, komm her, lass dich streicheln!«

Frau Liese ist beleidigt.

Wehe, Ella würde Frau Liese in Gegenwart ihrer Schwester Maggie Mausi nennen.

Ella streckt sich genüsslich und schaltet den Fernseher ein.

Nachrichten.

Ella schaltet schnell wieder aus. Sie kann sie nicht leiden, diese Nachrichten aus aller Welt, die ihr Angst machen.

Frau Liese nähert sich vorsichtig. Mit einer Pfote berührt sie leise Ellas Oberschenkel, setzt dann die zweite hinterher und lässt sich schließlich leise schnurrend auf Ellas Schoß nieder.

»Na, siehst du, Mausi, bist ja doch nicht beleidigt«, sagt Ella und krault der Katze den Nacken.

Zum ersten Mal seit vielen Monaten hat sie nicht nur die Wohnung, sondern auch die Katze ganz für sich. Seit wann, kann sie nicht mehr genau sagen.

Es war alles überwältigend. Nachdem Heinz gestorben war, waren sie plötzlich da, die anderen. Die sie getröstet haben und nicht mehr gegangen sind.

Heinz hatte lange gebraucht, um zu sterben. Auch wenn er immer behauptete, sich mit seiner Krankheit abgefunden zu haben. Und Ella hatte ihn nicht gehen lassen wollen.

Vierzig Jahre lang waren sie aneinandergeklebt. »Ihr seid siamesische Zwillinge«, hatte Maggie immer gelästert. »Man kann euch nicht auseinanderschneiden. Furchtbar! Ich hab keine Schwester mehr, sondern nur noch eine Schwester mit Mann«, worauf Ella ihr vorgeworfen hatte, sie sei auf ihre glückliche Ehe ja nur neidig.

Dabei war es manchmal auch Ella zu viel gewesen. Wenn Heinz sie beschuldigt hatte, den Kind