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Truth ist die reine Wahrheit
Ignorance ist Unwissenheit
Intuition ist das innere Gefühl
Es geschah im Frühjahr2005. Dies war bereits meine zweite Afrikareise. Vor drei Jahren hatte ich schon einmal ein halbes Jahr in der tansanischen Großstadt Dar es Salaam verbracht, und dieses Mal war ich zurückgekommen, um meine Diplomarbeit über die hiesige Textilindustrie zu schreiben.
Ich war gerade auf dem Weg zu Mr.Mahenge, meinem Prüfer, um mit ihm die letzten Abschnitte meiner Arbeit zu besprechen.
»Hallo, Sister«, grüßte mich da ganz unvermittelt dieser nett lächelnde Kerl, der an eine Hauswand gelehnt die Sonne zu genießen schien. »Hallo«, entgegnete ich freundlich. Ich hatte mich bereits daran gewöhnt, von wildfremden Menschen angesprochen zu werden. Europäer, die schon allein aufgrund ihrer Hautfarbe auffallen, werden von den Einheimischen häufig im Vorbeigehen begrüßt. EinHallo, Jambo hier und einRafiki, my friend dort. Da die Zurufe so zahlreich sind, hatte ich mir angewöhnt, nicht stehen zu bleiben, sondern einfach zurückzugrüßen.
Von dieser ersten Begegnung an nickten wir uns immer freundlich zu, wenn wir uns auf der Straße begegneten, bis ich irgendwann das Gefühl hatte, wir würden uns schon lange kennen, auch wenn es immer nur eine flüchtige Begrüßung war. Beim nächsten»Hey! Hallo, Sister!«, streckte er mir dann seine Hand entgegen, der erste richtige Kontakt – und ich blieb stehen.
»Wie geht es dir heute? Ich habe dich schon öfter gesehen, aber du bist immer so schnell an mir vorbeigegangen, dass wir uns nie unterhalten konnten«, sagte er und ließ meine Hand dabei nicht los.
»Na, heute hast du es ja geschafft, mich anzuhalten. Wie heißt du denn?«, fragte ich ihn und konnte mir dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen. Seine ganze Art, wie er mich so direkt und ohne Scheu angesprochen hatte, erheiterte mich.
»Juma«, antwortete er lächelnd und ließ nun auch meine Hand los. Er sah gut aus in seiner Jeans und dem luftigen, strahlend weißen Hemd. Bestimmt ist er so ein wohlbehütetes Muttersöhnchen, das in den Tag hineinlebt, dachte ich bei mir. Wie weit meine Einschätzung von der Realität entfernt war, konnte ich nicht im Geringsten erahnen.
Wir wechselten ein paar Worte am Straßenrand, neben uns die vorbeibrausenden und drängelnden Autos des Mittagsverkehrs. Dann gab ich Juma zu verstehen, dass ich es nun aber wirklich eilig hätte und weitermüsse. Das war eine meiner Techniken, um nicht in allzu lange Gespräche mit Fremden auf der Straße verwickelt zu werden. Als Weiße ist man hier eben doch eine Attraktion, und manche Gesprächspartner wird man so schnell nicht wieder los, so sympathisch sie auch sein mögen.
Ein paar Häuserblocks weiter besuchte ich anschließend meine tansanischen Freunde, die auf einem einfachen Holztisch neben dem Gehweg selbstgemachte bunte Perlenketten und afrikanischen Schmuck verkauften. Hier in der Samora Avenue, im Geschäftsviertel von Dar es Salaam, hockt man gerne zusammen, näht, flechtet, bindet, knotet, und redet über Gott und die Welt. Eile ist gemäß dem SprichwortThere is no hurry in Africa ein Fremdwort.
Die Samora Avenue ist besonders für die wenigen Touristen attraktiv, die es nach Dar es Salaam verschlägt. Sie zieht sich durch die ganze I