Das Geständnis, das keines sein sollte:
»Wir sind Teil des Problems … ähm, der Lösung.«
Zuerst reift die Selbsterkenntnis. Im Stillen. Danach folgt die Selbstkritik. Laut und vielleicht sogar öffentlich. Sind das nicht menschliche Tugenden, die wir schätzen? Vor allem, wenn sie ehrlichen Ursprungs sind, wenn sie zur rechten Zeit am rechten Ort in Erscheinung treten?
Spitzenmanager globaler Konzerne besitzen diese menschlichen Tugenden in der Regel nicht. Wenn doch, so halten sie sich sehr bedeckt damit. Sie tragen weder Selbsterkenntnis noch Selbstkritik einfach so nach außen. Schon gar nicht, wenn sie massiv unter Beschuss stehen. Schon gar nicht in der Fast-Food-Industrie. Und schon dreimal nicht vor laufender Kamera. Wenn überhaupt, dann unter ihresgleichen. Bei einem launigen Treffen hinter verschlossenen Türen etwa. Mit dem dritten Glas Whisky in der einen und einer Havanna in der anderen Hand.
Wer beschmutzt schon gerne das eigene Nest? Und doch hat Gene Grabowski genau das getan. Ohne es zu wollen. Es ist ihm herausgerutscht. Denn er hat, mit sichtbaren Schweißperlen auf der Stirn, diesen einen Satz in die Kamera gesagt:
»Wir sind Teil des Problems …«
Als dem fünfzig Jahre alten Grabowski dieser verräterische Sager entfährt, ist er längst nicht mehr der kleine Reporter bei der Washington Times mit Spezialgebiet Weißes Haus, der er irgendwann einmal gewesen war. Grabowski hat große Karriere gemacht, ist nunmehr Vize-Präsident der GMA. Und zugleich ihr Sprecher.
Was das ist, die GMA?
Damals, im Jahr 2004, steht das Kürzel noch fürGrocery Manufacturers of America. Später (und bis zum heutigen Tag) wird GMA nach einer Fusion mit derFood Products Association (FPA) dafür stehen:
Grocery Manufacturers Association.
Ein Fachverband der Lebensmittelindustrie. Aber nicht irgendwelcher Kleinkrämer oder der halbwegs potenten Gewerbetreibenden nur eines einzigen Landes, sondern der weltweit größten Markenartikel-Unternehmen für Lebensmittel, Getränke und Konsumgüter. Eine Vereinigung, der vorübergehend auch die vormalige First Lady Michelle Obama beitrat, um mit ihrerLet’s move-Kampagne gegen die ausufernde Epidemie fettleibiger US-amerikanischer Kinder anzutreten. Dass diese Epidemie längst den ganzen Globus erfasst und sich damit zu einer Pandemie ausgeweitet hat, ist mittlerweile nicht mehr von der Hand zu weisen.
Offiziell ist die GMA eine Non-Profit-Organisation. Vor allem aber ist sie eine unfassbar mächtige Lobby. Ein tausendarmiger Krake der Industrie, dessen Tentakel überallhin reichen. Bis in den letzten Winkel des kleinsten Hinterzimmers politischer Entscheidungsträger. Rund um den Erdball. Von Z wie Zypern bis A wie Afghanistan.McDonald’s gibt es schließlich auch in Kabul.
Aber was kann einen Medienprofi wie Gene Grabowski so sehr aus der Fassung bringen, dass ihm dieser Lapsus widerfährt? Diese Peinlichkeit? Unabsichtlich einzugestehen, was niemals eingestanden werden darf?
Ursprünglich (so viel kann ich Ihnen schon verraten) hat Grabowski die alte Leier abspulen wollen. Einen Text, den jemand wie er immer und überall runterbeten kann, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Einen Standardtext zur Verantwortung der Lebensmittel-Konzerne, d