: George Pelecanos
: Prisoners
: ars vivendi
: 9783747200483
: 1
: CHF 13.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 220
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der junge Michael Hudson sitzt eine Haftstrafe wegen eines bewaffneten Raubüberfalls ab, an dem er als Fahrer beteiligt gewesen war. Im Gefängnis entdeckt er, der ohne Schulabschluss auf die schiefe Bahn geraten ist, das Lesen für sich. John Steinbeck, Elmore Leonard, Short Storys: Bücher werden für ihn zu einer Möglichkeit, sich über sein eigenes Leben klar zu werden. Eines Tages wird Michael völlig unerwartet entlassen. Er weiß nicht, dass sein Verfahren von Phil Ornazian, einem skrupellosen Privatdetektiv, der seine Familie über Wasser halten muss, manipuliert wurde. Während Michael im Alltag Fuß zu fassen versucht und als Küchenhilfe jobbt, ermittelt Ornazian in einem Vergewaltigungsfall in der Washingtoner Oberschicht. Für eine illegale, bewaffnete Operation braucht Ornazian einen Fahrer - und Michael steht gewissermaßen in seiner Schuld

George Pelecanos, geboren 1957 als Sohn griechischer Einwanderer in Washington D.C., ist Kriminalschriftsteller, Journalist und Drehbuchautor. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch seine Arbeit für die HBO-Serien The Wire und The Deuce. Bei ars vivendi erschienen seine Romane Hard Revolution (2017) und Das dunkle Herz der Stadt (2018).

 

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Wenn Antonius an die Fehler dachte, die sie bei dem Raubüberfall gemacht hatten, standen die Kapuzenpullis ganz weit oben auf der Liste. Vier Männer in dicken, dunklen Sweatshirts fielen bei über dreißig Grad Hitze einfach auf. Vielleicht hatte der Mann vom Geldtransporter deshalb gleich auf sie geschossen, als er aus dem Drugstore kam. Und weil sie Waffen in der Hand hielten. Tja, wären sie nicht so zugekifft gewesen, hätten sie über die Sweatshirts vielleicht noch mal nachgedacht. Und über das Wunschkennzeichen am Fluchtwagen. Das stand auch weit oben auf der Liste.

Antonius, dem die Braids auf die Schultern fielen, lehnte sich zurück und sah den privaten Ermittler an, der ihm in dem verglasten Besprechungsraum gegenübersaß. Er selbst hockte mit dem Rücken zur beigen Wand auf dem Heißen Stuhl, der Häftlingen vorbehalten war. Da er zurzeit in Isolationshaft gehalten wurde, trug er Fußfesseln. Um sie herum befanden sich weitere Glaskästen, in denen Gefangene mit ihren Anwälten, Freundinnen, Müttern oder Ehefrauen sprachen. Ein Wachmann behielt von einem Büro aus alles im Blick. Für den Fall, dass es Ärger gab, war in jedem Glaskasten neben der Tür ein Alarmknopf angebracht. Manchmal wurden die Gespräche hitzig.

»Euch muss da auf dem Parkplatz doch heiß gewesen sein«, sagte der Ermittler. Er hieß Phil Ornazian.

Antonius musterte ihn. Ein Typ mit breiten Schultern, kurzem schwarzen Haar und grau gesprenkeltem Dreitagebart. Ungefähr Anfang vierzig. Am Finger ein Ehering. Sah mit seiner Hakennase und den großen braunen Augen irgendwie arabisch aus. Antonius hatte ihn bei ihrer ersten Begegnung für einen Moslem gehalten, tatsächlich aber war Ornazian irgendeine Art Christ. Er hatte mal erwähnt, er und seine Familie gingen in eine »apostolische« Kirche. Was auch immer das war.

»Sagen Sie bloß«, erwiderte Antonius. »Im August? In Washington?«

»Die Kapuzenpullis … wessen Idee war das?«

»Wessen Idee?«

»Auf dem Überwachungsvideo steht ihr Typen in Winterklamotten auf dem Parkplatz vor dem Drugstore, und die Leute laufen in T-Shirts, Poloshirts und kurzen Hosen an euch vorbei. Ich hab mich darüber gewundert. Und würde gern wissen, wer das für eine schlaue Idee gehalten hat?«

Es war Antonius’ Busenfreund DeAndre gewesen, der darauf gedrungen hatte, dass sie mitten im Washingtoner Hochsommer schwarze Sweatshirts anzogen – die Kapuzen hochgeschlagen, um die Gesichter vor den Kameras auf dem Gebäude zu verbergen. DeAndre, der Vollidiot, der nie was hinkriegte. Der Typ würde sogar eine Geburtstagsparty bei Chuck E. Cheese’s vermasseln.

»Weiß ich nicht mehr«, sagte Antonius.

Antonius wollte nicht bockig sein. Er wusste, dass Ornazian ihm helfen sollte. Sein Verteidiger wollte DeAndre als Boss und Entscheidungsträger der Gruppe darstellen und so Antonius vor Gericht zumindest teilweise entlasten. Ornazian arbeitete für Antonius’ Anwalt Matthew Mirapaul und sollte den Dreck ausgraben, der ihm vor Gericht helfen würde. Aber Antonius würde seine Freunde nicht ans Messer liefern, obwohl De