: Max Oban
: Leichen im Keller: Salzburg-Krimi. Paul Pecks dritter Fall
: Federfrei Verlag
: 9783903092341
: 1
: CHF 4.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 317
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

&bd uo;Beschatten Sie meinen Mann!“ Diesen Auftrag erhält Paul Peck von Karin Moser, einer biederen Mittfünfzigerin. Der Horror jedes Privatdetektivs, denkt Peck und macht sich widerwillig an die Überwachung des untreuen Ehemanns. Als Peck am nächsten Tag einen ersten Bericht abliefern möchte, findet er Karin Moser tot neben ihrem Kühlschrank. Erstochen.
Paul Peck stößt bei seinen Ermittlungen auf gewaltbereite Neonazis, einen millionenschweren Ex-Banker und auf Spuren eines sagenhaften Goldschatzes, der in einem der Salzburger Seen liegen soll. Seine Ermittlungen führen ihn nach Ostdeutschland, wo Peck undercover in der Neonazi-Szene ermittelt. Erst als zwei weitere Morde geschehen, durchschaut Peck die tödlichen Hintergründe. Doch dann gerät er in eine mörderische Falle, und ein Wettlauf mit dem Tod beginnt.

Montag, 5. Juni


Paul Peck nutzte den Vormittag, um in seinem Büro in der Innsbrucker Bundesstraße alte Unterlagen zu ordnen, in Aktenordner zu stopfen und tief in seinem IKEA-Schrank zu verstauen, als die Glocke einen Besucher ankündigte. Er betätigte den Türöffner, und wenige Augenblicke später betrat eine etwa fünfzigjährige, korpulente Frau sein Büro. Sie blieb einige Sekunden in der Tür stehen und sah zuerst Peck, dann sein Büro mit prüfenden Blicken an.

»Ich wohne nicht weit von hier«, sagte die Frau mit resoluter Stimme und machte mit dem rechten Arm eine ausladende Bewegung zum Fenster, wie um die Richtung anzuzeigen, aus der sie gekommen war. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen, der Pecks Schreibtisch gegenüberstand.

»Und ich habe beim Einkaufen schon einige Male Ihr Schild unten am Haus gesehen.«

Seit einigen Wochen war im Erdgeschoss des Hauses, genau unter seinem Büro, ein Supermarkt eingezogen. Und seit nunmehr einem Jahr hing das Schild an der Wand neben seiner Haustüre: »Berufsdetektiv Paul Peck: Seriosität& Durchblick. Innsbrucker Bundesstraße 31. Termin nach Vereinbarung.«

»Beschatten Sie den Dreckskerl«, sagte die Frau. »Ich brauche Beweise.«

Sie sah Peck mit fiebrigen Augen an und atmete schwer, wobei sie keuchende Geräusche von sich gab. Auf ihrer Stirn zeigten sich einige Schweißtropfen. Das graue Haar lag in einer Dauerwelle fest betoniert auf ihrem kugelförmigen, leicht geröteten Kopf.

»Was genau haben Sie auf dem Herzen?«, fragte Peck und versuchte ein freundliches Lächeln.

»Ich bin in meinem Leben schon zweimal sitzen gelassen worden«, sagte die Frau. »Beim dritten Mal bin ich klüger. Und ich werde mit aller Härte gegen den Mann vorgehen.« Peck runzelte die Stirn.

»Ich war beim Rechtsanwalt, und er sagt, ich soll Beweise bringen. Sonst stehe ich ohne Geld da. Und ohne Altersversorgung.«

»Geben Sie mir bitte Ihren Namen«, sagte Peck, immer noch lächelnd.

»Karin Moser, Tegetthoffstraße 134. Mein Gatte heißt Kurt.«

»Habe ich das richtig verstanden?« Peck beugte sich etwas vor. »Sie vermuten, dass Ihr Mann eine Geliebte hat?«

»Eine Geliebte«, wiederholte sie. »Wie das klingt, nach über zwanzig Jahren Ehe.« Zeigten sich jetzt Tränen in ihren Augen? Sie drückte eine Papiertaschentuch-Kugel gegen ihre Nase.

»Kurt ist Abteilungsleiter. Ein höherer Beamter beim Land. Ich habe ihm in den vielen Jahren alles gegeben, was ich konnte.«

Ihre Stimme gewann jetzt an Schärfe. »Unsere Wohnung glänzt vor Sauberkeit, und ich führe den Haushalt vorbildlich und sparsam, wie ich es von meiner Mutter gelernt habe. Dreimal pro Woche wasche ich das Auto, das in der Garage steht.« Sie sah ihn kurz an. »Wir nutzen den Wagen nur am Wochenende«, ergänzte sie.

Alles an der Frau war grau: der Mantel, der Peck für die Jahreszeit viel zu warm vorkam, ihre Haare, das Kleid und auch ihr Gesicht.

»Und ich koche für mein Leben gern«, sagte sie. »Jeden Tag, wenn das Essen fertig auf dem Tisch stand, kam er pünktlich aus dem Büro nach Hause, genau um achtzehn Uhr fünfunddreißig. Und jeden Morgen gebe ich ihm sein Käsebrot mit ins Büro. Das isst er doch so gerne. Dachte ich. Bis dann die große Enttäuschung kam.«

Eine erstklassige Hausfrau. Peck bekam eine leichte Gänsehaut. Er mochte keine Käsebrote.

»Ich habe alles für ihn getan!« Ihre Stimme wurde lauter. »Die Männer haben mich nur ausgenützt in meinem Leben. Aber damit ist jetzt Schluss.« Sie stopfte das Papiertaschentuch in ihrer Tasche und hob ruckartig den Kopf.

»Geht das auch etwas systematischer?«, fragte Peck.

Sie sah ihn böse an.

»Doch, versuchen wir es. Was genau ist passiert? Nochmals von vorne.«

Kurzes Nachdenken. »Es begann vor einigen Wochen«, sagte sie dann. »Mein Abendessen stand fertig auf dem Tisch, aber er kam nicht. Plötzliche Überstunden, behauptete er. Das wiederholt sich seitdem immer öfter. Ein- oder zweimal in der Woche kommt er sehr spät nach Hause. Und dann ist er schlecht gelaunt und riecht eigenartig. Nichts passt ihm mehr. Sogar meine Teddybären, die ich über die Jahre gesammelt habe und die mit uns auf der Fernsehcouch sitzen dürfen, gefallen ihm plötzlich nicht mehr. Dabei hat er sie immer gemocht. Dumme Viecher hat er sie neulich genannt, stellen Sie sich das vor. Manchmal habe ich große Lust, meinen Mann umzubringen. Was soll ich tun?«

»Ich würde ihn nicht umbringen.«

»Ich brauche Beweise«, sagte sie. »Finden Sie heraus, mit wem er sich trifft und wie ich dran bin. Aber bitte, schnell!«

»Haben Sie ein Foto?«, fragte er.

»Von mir?«

»Von Ihrem Mann.«

»Zu Hause. Brauchen Sie das Bild jetzt gleich?«

»Machen wir später.«

»Wenn ich nur wüsste, mit wem er seine Zeit verbringt, der Schuft!«

»Wo arbeitet Ihr Mann?«

»In einem der großen Gebäude am Mozartplatz. Genau weiß ich es nicht, aber es ist das Haus neben dem Museum.«

»Hat Ihr Mann ein Handy?«

»Handy? So was machen wir nicht.«

Ein höherer Beamter ... und kein Mobiltelefon? Peck konnte das nicht glauben.

»Wie heißt die Abteilung, in der Ihr Mann arbeitet?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich wollte schon mal im Büro anrufen. Aber ich kenne ja dort niemanden.«

»Okay«, sagte Peck, »ich werde herausfinden, ob Ihr Mann sich mit jemandem trifft.«

»Und bringen Sie mir Beweise!«

Er sah auf die Uhr. »Ich habe hier noch zu tun. In einer Stunde komme ich bei Ihnen vorbei und hole mir das Bild ab.«

»Tegetthoffstraße 134. Im ersten Stock«, murmelte sie. »Aber seien Sie pünktlich.«

»Haben Sie eigentlich Kinder?«

»Ich habe mehr Kinder als Freunde. Und Luisa sagt immer ...«

»Luisa?«

»Meine Tochter. Sie ist achtundzwanzig und lebt in Wien.«

»Hat sie Kontakt zu ihrem Vater?«

»Kurt ist nicht der Vater. Luisa ist von einem anderen Mann. Auch ein höherer Beamter.«

 

*

 

Was machen wir hier überhaupt, fragte sich Elisabeth Stein und sah auf ihren Vater, der breitbeinig und mit großem Besteck vor dem Holzkohlengrill stand. Normalerweise sind Männer kaum in der Lage, sich allein ein Bier aus dem Kühlschrank zu holen, doch kaum qualmt irgendwo ein Gartengrill, binden sie sich eine lächerliche Schürze um und spielen den imposanten Küchenchef. Elisabeth stand im Schatten der kleinen Veranda, gegen das aus rohen Baumstämmen gezimmerte Haus gelehnt, und betrachtete das geräuschvolle Treiben auf der sonnenbeschienenen Waldlichtung. Warum bin ich eigentlich hier? Nur, weil ich mit denen verwandt bin, weil mein Vater zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen hat oder sich alle langsam, aber zielsicher besaufen?

»Es ist schön hier«, hörte sie ihren Bruder Christian sagen, der mit einem Teller Fleisch und dicken Würsten aus der Hütte stolperte. »Ich liebe Grillen.«

»Der Grill stinkt«, sagte Elisabeth, und Günther, ihr Mann, der wie träge neben ihr im Liegestuhl lag, pflichtete ihr bei. »Außerdem bekommt man von gegrilltem Fleisch Krebs.« Ihr Sohn Billy saß teilnahmslos daneben im Gras und spielte mit seinem Handy. Irgendwo in der Ferne hörte man das leise Motorengeräusch eines Autos.

»Kaltes und warmes Buffet mitten in der freien Natur ist etwas Herrliches.«

Schwägerin Renate ist natürlich der Meinung ihres Gatten, dachte Elisabeth.

Diese Kleinbürger!

Ungesunde, fetttriefende Würste mitten in der dreckigen Wildnis, zwischen Ameisen, Stechmücken und dem Dung der Waldbewohner ... und nur mit einem Allrad erreichbar ...

»Sag endlich deinem Sohn, er soll von dem Baum herunter!« Christian, der jetzt neben ihrem Vater beim Grill stand, rief es gellend seiner Frau Renate zu. »Und du, hör endlich mit dem blöden Handy auf!«, rief er dem am Boden Sitzenden zu.

»Lass meinen Sohn in Ruhe«, knurrte Elisabeth laut.

»Warum feiern wir deinen Geburtstag eigentlich hier in der Wildnis?«, fragte Günther aus dem Liegestuhl und wedelte mit einer Flasche Bier. Er lallt bereits, dachte Elisabeth. Das wievielte Bier das wohl war? »Warum sind wir nicht bei dir im Garten oder im Haus, wo es gekühlte Getränke und ein ordentliches Klo gibt?« Keine Antwort. Mein Vater ist jetzt zweiundsechzig und sieht immer noch gut aus. Elisabeth sah auf die groß gewachsene, biegsame Gestalt, sein scharf geschnittenes, glatt rasiertes Gesicht mit dem dicht gewellten, nach hinten gekämmten Haar. Wie ein gut aussehendes Fotomodell mit grauen Schläfen, das in Hochglanzmagazinen für ein...