: Nicola Förg
: Das Winterwunder von Dublin Roman
: Piper Verlag
: 9783492994255
: 1
: CHF 7.30
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mit »Das Winterwunder von Dublin« legt SPIEGEL-Bestsellerautorin Nicola Förg, bekannt durch ihre äußerst erfolgreiche Alpen-Krimi-Reihe um Kommissarin Irmi Mangold (u. a. »Tod auf der Piste«, »Rabenschwarze Beute« und »Wütende Wölfe«), ihren ersten Weihnachtsroman vor. Sie verknüpft dabei eine Versöhnungsgeschichte unter Schwestern und die Story einer dramatischen Pferderettung mit ganz viel winterlicher Atmosphäre.   Anfang Dezember kehrt Stella zu ihrer Familie nach Irland zurück: voller Vorfreude auf deutsch-irische Familienbräuche und stimmungsvolle Weihnachtstraditionen, aber auch in Erwartung eines anstrengenden Tauziehens mit ihrer erfolgreichen Schwester Luna. Vor allem freut sich Stella auf die gescheckte Stute Puzzle, ihr Halt in Jugendtagen. Doch Puzzle ist weg, womöglich ausgesetzt, wie viele irische Pferde, wenn sie zu kostspielig werden. Unterstützt von dem TV-Reporter Daniel, der einen Beitrag über Pferdeschicksale dreht, macht sich Stella auf die Suche. Sie findet sich an magischen Plätzen an der Westküste wieder, zweifelt an ihren Gefühlen, ihrer Intuition und ihrer Mission - bis die Weihnachtsfeiertage ihren vollen Zauber entfalten ...

Nicola Förg, Bestsellerautorin und Journalistin, hat mittlerweile dreiundzwanzig Kriminalromane verfasst, an zahlreichen Krimi-Anthologien mitgewirkt, einen Island- sowie einen Weihnachtsroman vorgelegt. »Hintertristerweiher«, ihr von der Presse vielfach gelobter Roman, ist 'eine feinsinnige Familiengeschichte, die über Generationen hinweg reicht und einen spannenden Bogen schlägt von den Wirren des Zweiten Weltkriegs bis zu den Wirrungen in der Jetztzeit.' (Münchner Merkur). Die gebürtige Oberallgäuerin, die in München Germanistik und Geografie studiert hat, lebt heute mit Familie sowie Ponys, Katzen und anderem Getier auf einem Hof in Prem am Lech - mit Tieren, Wald und Landwirtschaft kennt sie sich aus. Sie bekam für ihre Bücher mehrere Preise für ihr Engagement rund um Tier- und Umweltschutz.

Eins


Freitag, 14. Dezember

 

Es war der Geruch. Stella empfand es immer wieder: Irland konnte man riechen. Schon Dublin Airport roch anders als jeder Flughafen der Welt. Sie selber roch aber auch anders. Ihrem Gepäck entstieg der Geruch von Würze und Wald. Sie hatte einen in Netz und Packpapier eingewickelten Weihnachtsbaum als Sperrgepäck aufgegeben, es war gut, eine Mutter zu haben, die bei der Airline arbeitete.

»Madel, hat’s keine Bäume in Irland?«, fragte der Mann am Counter in München.

Inzwischen schon, aber eine Münchner Familie, die in Irland lebte, musste einen urdeutschen Baum haben, den Stella jedes Jahr, seit sie nun in München studierte, mitbrachte. Immergrüne Nadelbäume kamen an Weihnachten in Irland erst seit Queen Victorias Zeit zum Einsatz. Die Iren hatten früher Stechpalmen und Efeu als Dekoration verwendet. Manche taten das noch heute. Stellas Familie pflegte einen munteren Mix an Weihnachtbräuchen aus der alten und neuen Heimat. Stella würde wie jedes Jahr mit ihrer Schwester den traditionellen Stechpalmenkranz basteln, mit vielen Beeren, je mehr daran hingen, desto mehr Glück würde das neue Jahr bringen.

 

Stella zuckelte mit ihrem Gepäckwagen durch die Halle, die Geschäfte hatten schon ein weihnachtliches Gewand angelegt. Lichterketten, Sterne, vor einem Laden hockte ein gewaltiges Plüschrentier.Driving home for Christmas, schallte aus einem Lautsprecher. Stellas Gefühle waren gemischt, sie freute sich, alle wiederzusehen, und wusste auch, dass dieses »alle« über einen längeren Zeitraum nicht aufrechtzuerhalten war. Und doch würde sie bis zum 27. Dezember hier sein, vor allem wegen des St. Stephen’s Day, dem 26. Dezember – denn da war das Rennen! Ein Pferderennen am Strand, das sicher wieder ein großes Familienfest werden würde.

Sie verfrachtete ihren Wagen in einen Aufzug, parkte ihn dann in einem Gang und traf ihre Mutter im Büro. Eine eher linkische Umarmung folgte.

»Stella, du bist so blass und so dünn!«

»Mum, es ist Winter. Ich studiere, die haben keine Höhensonne in Hörsälen!«

»Aber eine Mensa. Isst du denn gar nichts?«

»Doch, jede Menge.«

Was nicht so ganz stimmte. Stella vergaß das Essen öfter mal, wenn sie allerdings zuschlug, konnte sie gute Portionen verdrücken, sie neigte einfach nicht zum Zunehmen.

»Müssen wir dich an Weihnachten etwas rausfüttern«, meinte ihre Mutter, und dann kam ein Anruf. Sie ging zum Telefon, unterbrach das Gespräch kurz, drückte Stella den Autoschlüssel in die Hand und flüsterte wie immer die eindrückliche Warnung, das Linksfahren zu beachten. Das kam so sicher wie das Amen in der Kirche, in die Stella nur selten ging. Und wie immer musste Mum weitertelefonieren, war auf dem Weg in ein Meeting.

»Stella, Herz, am Abend dann alles Weitere!« Sie winkte Stella zu und sie damit auch hinaus.

Seit Stella in München studierte, liefen die Treffen am Airport immer gleich ab. Ihre Mutter war stetsbusy, immer perfekt gestylt und auf Absätzen unterwegs, mit denen sich Stella den Knöchel gebrochen hätte. Aber sie war eben auch der Familientrampel, nach wem sie eigentlich kam, konnte auch mehrere Generationen zurück in der Familie nicht festgemacht werden. Als Teenager hatte Stella öfter mal gedacht, sie wäre adoptiert. Was definitiv nicht stimmte, dazu war die Ähnlichkeit zu ihrem Vater zu groß. Die schmale Gestalt, die blasse Haut, das dunkle Haar, die dunklen Augen, die ihn und seine Tochter immer etwas melancholisch aussehen ließen. Luna kam nach ihrer Mutter. Blond, blauäugig, üppiger in Optik und Auftreten. Luna studierte in London Mode, machte gerade ein Praktikum in Vancouver, Luna war mit fünfundzwanzig Jahren schon eine Kosmopolitin. Stella blieb der Trampel, ihre große Schwester, die nur knapp zwei Jahre älter war, hatte den falschen Namen bekommen: Luna hätte Stella heißen müssen, der Stern, der Star. Die Eltern hatten sich vertan bei der Namensgebung, sie, Stella, war viel eher der bleiche Mond …

 

Mit Mums kleinem RenaultSUV verließ Stella das Parkhaus – Mum würde auf Luna warten, die am späten Nachmittag einzuschweben gedachte. Sie würden Pa treffen, der