: Nina Janousek
: Madame Nina weiß alles Die Memoiren der letzten Puffmutter
: Edition A
: 9783990012413
: 1
: CHF 15.30
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Männe sind naiv, dafür sind sie ehrlicher als Frauen, und jene, die es am wildesten treiben, sterben früh, als hätten sie es die ganze Zeit gewusst. Das sind drei der wichtigsten Lebenserkenntnisse von Madame Nina, der letzten richtigen Puffmutter Europas. 2016 schloss sie nach mehr als dreißig Jahren ihren legendären Wiener Nachtclub Ninas Bar und legt jetzt ihre Memoiren vor. Madame Nina erzählt, wie Charlie Sheen seine Calvin Klein-Unterhose bei ihr vergaß, welche erotischen Vorlieben ein österreichischer Bundespräsident hatte, was sie mit Falco verband oder wie eins ihrer 'Mädchen' später Karriere als Richterin machte. Immer mit einem Augenzwinkern und nicht ganz jugendfrei zeichnet sie ein Sittenbild der Schönen und Reichen und weckt dabei eine leise Sehnsucht nach den goldenen Neunziger-Jahren, als die Welt nachts noch eine bessere war.

Nina Janousek stammt aus Kroatien und kam nach einer bewegten Jugend über die USA nach Wien. Zunächst eröffnete sie eine kleine Bar, anschließend einen Kosmetik-Salon und schließlich mitten in der Wiener Innenstadt den Nachtclub 'Ninas Bar', der mehr als drei Jahrzehnte lang das Maß der Dinge im Wiener Nachtleben war. Dank ihres extravaganten Stils wurde sie zur Kultfigur der Kunstszene.

Ein Superstar am Bauernmarkt


In der Bar wurde es plötzlich still. Die angenehme Geräuschkulisse, das sanfte Plätschern der Gespräche, unterbrochen vom kurzem, hellen Lachen eines meiner Mädchen, war binnen Sekunden verebbt und einer fühlbar gespannten Ruhe gewichen. Gerade hatte ich zur Champagnerflasche gegriffen, um mir ein weiteres Glas Dom Pérignon einzuschenken, als mir das unpassende Schweigen bewusst wurde. In die Stille hinein stellte ich die Flasche zurück auf die Theke und sah auf.

»Was gibt es denn?«, fragte ich. Keines der Mädchen antwortete. »Los, los«, forderte ich sie auf, »macht weiter.«

Die Uhr ging auf Mitternacht an diesem Donnerstagabend Anfang der goldenen Neunzigerjahre in Wien. Eine gute Ära war das, der wirtschaftliche Aufschwung beinahe ungebrochen, noch regierte der Zeitgeist des »Alles ist möglich«. Dieser generell positiven Grundstimmung konnte auch der seit Tagen anhaltend fallende Regen keinen Abbruch tun. Und wenn Gäste Sorgen oder Stress hatten, gaben sie die Probleme samt ihrem Mantel bei der Eingangstüre meines Etablissements »Ninas Bar« ab. Das Unangenehme wurde nach draußen in die unfreundliche Nacht verbannt.

Hier bei mir durften sich die Herren für einige Stunden Urlaub von den Kümmernissen des Alltags nehmen, private oder berufliche Schwierigkeiten rückten in den Hintergrund.

Ab und zu erzählte ein Gast, den etwas bedrückte, einem Mädchen von seinen Problemen. Allerdings waren die Widrigkeiten durch das stimmige Ambiente der Bar weichgezeichnet, und die Herren sprachen über das, was sie beschäftigte, in anekdotenhaft verbrämter Weise. Schon allein dadurch wogen die Sorgen nicht mehr so schwer, jeder Kummer oder Ärger schien leichter und daher auch einfacher zu bewältigen. Wenn diese Gäste mein Etablissement verließen, hatten sie dank der Mädchen, die alle auch gute Zuhörerinnen waren, jede Menge seelischen Ballast abgeworfen.

Diese Art der Entspannung hat im Laufe der Jahre, da bin ich ganz sicher, vielen Gästen über private und berufliche Krisen hinweggeholfen.

Hier in der Bar war es stets gemütlich. Bei mir tauchten die Herren in eine Welt der Intimität und Lockerheit ein. Das gedämpfte Licht und der warme Schein der Kerzen aus den schweren Silberleuchtern, das exquisite plüschige, rote Mobiliar, die üppigen Stoffdrapierungen und meine stets wie Diven zurechtgemachten Mädchen schufen den Rahmen dieser Oase des Wohlfühlens. Bei mir sollten die Gäste amüsante Stunden in luxuriöser Atmosphäre und diskreter Behaglichkeit erleben.

In diesem ebenso noblen wie familiären Ambiente, auf das ich großen Wert legte, saß ich mit einigen Gästen an der Theke. Einige andere Herren hatten sich bereits mit Mädchen in eines der sechs Séparées zurückgezogen.

Es war ein typischer Donnerstagabend in meiner Bar. Um die dreißig Mädchen waren da und etwa vierzig bis fünfzig Gäste, bunt gemischt, vom Beamten bis zum Bauunternehmer. Der Donnerstag war in den Achtziger- und Neunzigerjahren traditionell gut fürs Geschäft, denn es war üblich, dass die Männer, die verheirateten und liierten, an diesem Tag »Ausgang« hatten, ihren sogenannten »Herrenabend« genossen. Auch in meinem Etablissement hatte der Donnerstag diese Bezeichnung.

Das Perlen der Gespräche hatte wieder eingesetzt, ich nahm also doch noch einen Schluck Champagner. Als ich das Glas abstellte, wanderte mein Blick durch die Bar und blieb bei den mit einem roten Teppich ausgelegten Stufen vor d