EIN UNGEBETENER GAST
TEIL 1
Auf Tour zu gehen ist Knochenarbeit.
Im Jahr 2015 waren wir für meine Konzerttour zum Album »Camouflage« mit einem Dutzend Leuten in einem Bus unterwegs, da war alles dabei: ein Fahrer, zwei Securitys, der Tourleiter, ein Tonmann, ein Lichtmann, mein DJ, jemand fürs Bühnenbild und Backup für alle wichtigen Positionen. Für die Dauer der Tour waren diese Leute so etwas wie eine zweite Familie für mich. Es entspricht nicht meinem Charakter, Leute aus einer Gruppe auszuschließen, und es war mir wichtig, dass jeder, der mit mir auf Tour fuhr, ein echter Teil unseres Teams war. Ich bin kein einfacher Typ, ich erwarte hundertprozentigen Einsatz, wenn jemand mit mir zusammenarbeitet. Das klappt nur, wenn sich die Leute auch menschlich anerkannt und damit verpflichtet fühlen, ihr Bestes zu geben. Sonst machen sie Dienst nach Vorschrift, und das kann ich auf meinen Konzerten nicht brauchen, von meinem DJ genauso wenig wie von meinem Lichttechniker.
Es war meine erste Tour, seit ich beiUniversal Music unter Vertrag stand und nun als Rapper, der auf einmal einen Vertrag mit einem Major-Label hatte, in einer anderen Liga spielte. Ich hatte mich gegen einen riesigen Nightliner-Bus entschieden, mit dem ich auf der Fahrt von Tourort zu Tourort immer im Bus schlafen und mich bei Raststationen duschen und umziehen hätte müssen. Natürlich wäre diese Lösung billiger gekommen, aber hey, wozu hatte ich bei einer finanziell superpotenten Plattenfirma unterschrieben? Ich war ein Rapper über dreißig, der nach jedem Auftritt mit Rückenschmerzen aus der Hölle zu kämpfen hatte. Ich brauchte ein weiches, komfortables Hotelbett, damit ich zumindest eine Chance hatte, die hundert Auftritte zu überleben, die für dieses Jahr geplant waren, ohne dabei am Ende der Tour ins Krankenhaus eingeliefert zu werden.
Jahrelang hatte ich in Deutschland viel größere Erfolge gefeiert als in Österreich, obwohl ich in Wien aufgewachsen war, nach wie vor dort lebte und in meinem Viertel von jedem auf der Straße erkannt wurde. Dennoch hatten mich die österreichischen Medien lange Zeit konsequent ignoriert. In der verseuchten österreichischen Musiklandschaft, die am Tropf ausgelutschter amerikanischer Musikkonserven hängt, war ein persischstämmiger Straßenrapper mit krimineller Vergangenheit für Radio und Fernsehen einfach nicht interessant. Egal wie viele Millionen Klicks meine Videos im Internet verzeichneten und wie hymnisch meine Alben von den deutschen Hiphop-Fachmedien gelobt wurden.
Dann hatte ich für mein letztes Album einen völlig unbekannten Falco-Song gecovert. Ich hatte ihn als Duett zwischen mir und der Stimme des verstorbenen einzigen österreichischen Popstars von internationalem Format neu eingespielt – und auf einmal waren die österreichischen Medien nur so ausgerastet.
Natürlic