: Sven Koch
: Schwarzer Fjord Psychothriller | Spannender Dänemark-Thriller vom Autoor der 'Dünen'-Krimi-Reihe
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426453230
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Opfer oder Mörderin - wer ist Liv? Ein wendungsreicher Psycho-Thriller mit atmosphärischem Dänemark-Setting um das Geheimnis einer Nacht am Ringkøbing-Fjord Was geschah letzte Nacht am Ringkøbing-Fjord? Als Liv nach einem Treppensturz im Krankenhaus erwacht, kann sie sich nur vage erinnern: Sie war seit ein paar Tagen bei Magnus, dem Mann ihrer besten Freundin Vigga - seit Vigga spurlos verschwunden ist. Und sie hat etwas gefunden, das Magnus belastet. Es kam zu einer Auseinandersetzung ... Die Polizei, die Liv im Krankenhaus bewacht, hat dagegen sehr klare Vorstellungen davon, was geschehen ist: Liv wollte den Platz ihrer Freundin einnehmen - warum sonst trägt sie Viggas Kleidung und gleicht ihr fast aufs Haar? Liv muss Licht ins Dunkel jener Nacht bringen, um ihre Unschuld zu beweisen - oder klebt tatsächlich Blut an ihren Händen? Der zweite Dänemark-Thriller nach »Kalte Sonne« von Sven Koch ist ein trickreiches Psycho-Spiel um Wahrheit und Identität für Fans von Skandinavien- und Domestic-Noir-Thrillern.

Sven Koch, geboren 1969, lebt und arbeitet als Tageszeitungsredakteur in Detmold. Nach der Aufnahmeprüfung an den Filmhochschulen München und Berlin entschied er sich für eine journalistische Laufbahn und ist als Redakteur mit dem Schwerpunkt Nachrichten und Kultur tätig. Daneben ist Sven Koch in der künstlerischen Fotografie aktiv und hat in mehreren regionalen Ausstellungen seine Bilder präsentiert. Seit vielen Jahren steht er zudem als Rockmusiker auf der Bühne. Koch schreibt seit frühester Jugend. Bei Droemer/Knaur erschienen bislang seine Thriller-Reihe um die Kriminalpsychologin Alex Stietencron und die an der deutschen Nordseeküste in Ostfriesland angesiedelten 'Dünen'-Krimis - verfilmt von MadeFor Film für RTL, mit Henrik Duryn und Pia-Micaela Barucki in den Hauptrollen. Für Fischer/Scherz schreibt er unter dem Pseudonym Pierre Lagrange die Provence-Krimis um den pensionierten Commissaire Albin Leclerc. Mehr Infos und Aktuelles unter www.sven-koch.com

2.


Liv? Geht es Ihnen gut?«

Ich drehe den Kopf und sehe Knud Nissen und Tine Kjær an. Sie sind von der für Mittel- und Westjütland zuständigen Kriminalpolizei aus Holstebro und damit verantwortlich für den Bezirk Ringkøbing-Skjern. Sie tragen ihre Dienstausweise an Kordeln um den Hals und sitzen vor mir auf Besucherstühlen, die ziemlich ungemütlich aussehen. Hinter ihnen steht ein schlichter weißer Tisch, der vollkommen leer ist.

Knud Nissen schätze ich auf Mitte fünfzig. Sein Haar ist licht und müsste wieder mal geschnitten werden. Sein Pullover hat eine undefinierbare Farbe zwischen Braun und Oliv. Wenn er lächelt, was eher selten passiert, stechen seine von geplatzten Äderchen geröteten Wangen hervor wie bei einer Kasperlefigur. Er wirkt auf den ersten Blick sympathisch, aber ich mag ihn nicht. Er hat etwas an sich, das ich verabscheue. Sein Blick, seine Art – ich kann es nicht festmachen, aber sobald ich ihn ansehe, fühle ich mich unwohl. Außerdem habe ich das Gefühl, dass er mich ebenfalls nicht mag. Er klickt mit seinem Kugelschreiber, wenn er nachdenkt, oder tippt mit ihm auf den Spiralblock, der auf seinem Schoß liegt. Ich bin mir sicher, dass das Geräusch manche Leute zum Ausrasten bringen kann. Vielleicht macht er es genau deswegen. Vielleicht ist es auch nur eine nervöse Angewohnheit.

Ich zum Beispiel wippe oft mit dem Fuß, was mir selbst kaum auffällt. Frederik, mein Ex-Freund, hat mich einmal grinsend gefragt, ob ich an einem Restless-Leg-Syndrom leide. Ich fand die Bemerkung überhaupt nicht witzig, weil ich das Gefühl hatte, dass er noch etwas hinzufügen wollte, sich aber nicht getraut hat, nämlich, dass das eine Nebenwirkung der Pillen sein könnte, die ich gelegentlich nehme. Das ist aber Blödsinn. Ich habe das schon als Kind getan. Das mit den Beinen. Die Pillen kamen erst später.

Tine Kjær dürfte mindestens zehn Jahre jünger sein als ihr Kollege und an die dreißig Kilo leichter. Sie trägt einen engen schwarzen Rolli, bestimmt Kaschmir, unter dem sich eine gertenschlanke Figur abzeichnet. Ich sehe ein paar lose blonde Haare auf der Wolle. Tine streicht sich häufig eine widerspenstige Strähne hinters Ohr, die einfach nicht hinter dem Brillenbügel stecken bleiben will. Sie trägt ein schwarzes, eckiges Kunststoffmodell, das ihre kühlen, wasserblauen Augen regelrecht einrahmt.

Tine hat ebenfalls einen Schreibblock sowie ein Aufnahmegerät. Ich vermute, es ist ein digitales. Sie hat mich vorher gefragt, ob es okay sei, wenn sie die Unterhaltung aufnimmt, und außerdem verdeutlicht, dass es sich bei dem Gespräch nur um eine Zeugenbefragung handele und um keine offizielle Vernehmung, zu der man mich vorladen müsse und zu der ich auch einen Anwalt mitbringen könne. Aber ich bin ja im Krankenhaus, von daher könnte ich ja von der Polizei gerade sowieso nicht vorgeladen werden, und Tine und Knud wollen nach ihren eigenen Worten erst mal nur verstehen, was in den vergangenen Tagen genau geschehen ist, weil es ihnen bei den Ermittlungen weiterhelfen könnte.

»Liv«, sagt Tine, »wir müssen jetzt Ihre Personalien aufnehmen.«

»Natürlich«, antworte ich, obwohl ich meine, dass die beiden schon alles über mich wissen müssten. Wir haben uns schließlich vorher schon unterhalten, bloß ohne Aufnahmegerät. »Noch mal?«, frage ich daher.

»Ja, noch mal«, bestätigt Tine.

Und dann frage ich: »Wo bin ich eigentlich genau?«

Knud Nissen hört auf, mit dem Kugelschreiber zu klicken, und sieht mich ausdruckslos an.

»Im Krankenhaus, Liv. Ist Ihnen das nicht klar?«, fragt Tine. Sie macht eine Pause und fragt dann: »Geht es Ihnen wirklich gut? Sollen wir jemanden kommen lassen?«

»Ja«, höre ich mich erwidern. »Nein. Ich meine: Nein, es muss niemand kommen. Und: Ja, es geht mir gut, und ich weiß, dass ich im Krankenhaus bin, logisch, aber …«

»Sie sind in der Klinik in Holstebro«, kürzt Knud Nissen ab. »Dorthin wurden Sie vor drei Tagen gebracht. Sie waren ohne Bewusstsein. Erst hier sind Sie wieder zu sich gekommen, waren bis zum Aufwachen auf der Intensivstation.«

Ich nicke schwach. Ja, natürlich erinnere ich mich. Also: teilweise. An einiges sehr klar. An anderes überhaupt nicht. Mein Schädel brummt. Aber ich weiß, dass ich mich jetzt zusammenreißen sollte und mich konzentrieren muss, was mir alles andere als leichtfällt.

»Wir möchten das noch einmal aufnehmen, Liv«, wiederholt Tine und sagt laut auf, was sie sich bereits