Auf dem Gipfel der Macht
Kaiser Friedrich I., sein Kanzler Rainald von Dassel; Besançon, Oktober 1157
Es ist großartig, ein Kaiser zu sein«, konstatierte Friedrich von Staufen, ein gut aussehender Mann Mitte dreißig mit rotgoldenem Haar und kurz gehaltenem Bart. Er räkelte sich auf seinem Stuhl, streckte genüsslich die Beine aus und prostete seinem Gegenüber zu. Doch plötzlich hielt er mitten in der Bewegung inne und korrigierte sich selbst.
»Es ist großartig,der Kaiser zu sein!«
Rainald von Dassel, sein Kanzler, Freund und engster Berater, hob ebenso hochzufrieden den Becher.
»Die Könige Europas überbieten sich darin, ihre Ergebenheit für Euch zu beteuern. Und Besançon bereitet Euch einen grandiosen Empfang. Alle Großen Burgunds sind zum Hoftag erschienen.«
Ein verträumtes Lächeln zog über Friedrichs Gesicht, als er an seinen glorreichen Einzug in diese reiche Stadt dachte, die seit mehr als einem Jahrhundert zum Kaiserreich gehörte. Die Honoratioren hatten ihn in feierlicher und ergebenster Stimmung vor den Toren erwartet, dann waren sie in einem schier endlosen festlichen Zug mit Pauken und Trompeten eingeritten, unter einem riesigen Triumphbogen aus alter römischer Zeit hindurch. Und auf beiden Seiten der Straße hatten jubelnde Menschen gestanden.
So waren er und seine geliebte Beatrix hier empfangen worden.
In einem Anflug von Eifersucht fragte sich Friedrich, wie viel von der Begeisterung und Ehrerbietung vor allem seiner schönen Gemahlin galt, die aus Burgund stammte und einen Teil davon – Hochburgund – in ihre Ehe eingebracht hatte. Obwohl zweifelsfrei glücklich an seiner Seite, blühte sie sichtlich auf, seit sie wieder in der alten Heimat weilte und in ihrer Muttersprache plaudern konnte, nicht in dem erst mühsam erlernten Deutsch. Wenn sie sich mit ihren burgundischen Landsleuten unterhielt, die sie umschwärmten, sprach sie doppelt so schnell und mit viel lebhafterer Mimik als sonst. Obwohl oder gerade weil er nichts davon verstand, klang es in seinen Ohren wie liebliches Vogelgezwitscher.
Habe ich sie nicht geheiratet, um Burgund zu bekommen?, tat er den Moment von Eifersucht und Zweifel sofort ab. Der Empfang hier in Besançon hatte seine kühnsten Erwartungen übertroffen. Und das Beste kam erst noch! Morgen würde er mit einem sorgsam geplanten Manöver seines durchtriebenen Kanzlers etwas tun, das die Welt aufhorchen ließ und Geschichte schrieb.
Er konnte es kaum erwarten.
Für eine letzte Abstimmung hatte er Rainald zum Gespräch unter vier Augen eingeladen und alle Pagen, Knappen, Diener hinausgeschickt, ausgenommen den Schenken.
So saßen die zwei mächtigsten Männer des Reiches in Friedrichs Quartier vor mit Wildbret beladenen Platten und genossen die guten burgundischen Weine.
Sobald sie ihr Mahl beendet hatten, zog Friedrich das Schachbrett heran, um über die unvollendete gestrige Partie nachzugrübeln, und setzte einen Springer.
Nach flüchtigem Blick aufs Schachbrett legte Rainald den schwarzen König nieder und erklärte: »Ihr gewinnt in vier Zügen.«
Friedrich rechnete die möglichen Züge nach; es stimmte.
»Ihr lasst mich mit Absicht gewinnen!«, protestierte er. »Ich kenne keinen so gewieften Pläneschmied wie Euch. Abgesehen von Albero von Trier, Gott sei seiner intriganten Seele gnädig.«
Rainald lächelte geschmeichelt.
Beide – Kaiser Friedrich von Staufen und sein schlauer Kanzler – waren etwa gleich alt, und trotz seines geistlichen Standes liebte Rainald von Dassel nicht nur Bücher, sondern auch prunkvolle Kleider und ritt mit größter Selbstverständlichkeit an der Spitze einer eigenen Streitmacht in den Krieg. Was erheblich dazu beitrug, dass Friedrich ihn so schätzte. Ebenso wie Rainalds distanziertes Verhältnis zum Heiligen Stuhl und seine kühnen Pläne. Morgen würde eines seiner Meisterstücke in die Tat umgesetzt werden.
Doch die Vorbereitung des morgigen Geschehens war Friedrich nur ein Vorwand. Diesen Zwischenfall musste Rainald listenreich aus dem arrangieren, was sich im Verlauf des heutigen Tages in den Vorgesprächen mit den soeben eingetroffenen päpstlichen Legaten ergeben würde.
Friedrich vertraute seinem Kanzler vollkommen. Der fand immer einen Weg, die Dinge so zu richten, d