: Sabine Fitzek
: Verrat Kriminalroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426455517
: Kammowski ermittelt
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hochspannend und beklemmend nah an der Realität: wenn ein Menschenleben zum Kostenfaktor wird. Für Hauptkommissar Matthias Kammowski ist nicht nur das Wetter ein Schock, als er aus dem Kuba-Urlaub in die Berliner Kälte zurückkommt: In sein Einzelbüro - ein Privileg, das er seit Jahren erfolgreich verteidigt - hat man ihm eine junge Kollegin gesetzt, die er einarbeiten soll. Und zwar gleich mit einem brisanten Mordfall, denn der Geschäftsführer eines katholischen Klinikunternehmens wurde tot in einem Berliner Hotel aufgefunden. Als Kammowski dann auch noch Besuch von der Journalistin Christine erhält, einer alten Freundin, die ihm eine haarsträubende Verschwörungstheorie über mafiose Zustände im Berliner Gesundheitssystem präsentiert, hat der Kommissar endgültig genug. Doch dann entgeht Christine nur knapp einem Anschlag auf ihr Leben ... »Verrat« ist der erste Teil einer Krimi-Reihe, die sich spannend und hochkompetent die jüngsten Skandale im Gesundheitswesen vornimmt. Die Autorin Sabine Fitzek ist Neurologin und hat über 10 Jahre als Chefärztin gearbeitet. Beste Unterhaltung für Fans von Polit-Krimis und Spannungsromanen mit gesellschaftskritischem Hintergrund. Die Medizin-Krimis mit Kommissar Kammowski aus Berlin sind in folgender Reihenfolge erschienen:• »Verrat«• »Verrückt«• »Verstorben«

Sabine Fitzek arbeitete nach dem Medizinstudium an den Universitäten Berlin, Erlangen, Mainz und Jena, wo sie sich im Fach Neurologie habilitierte. Danach war sie mehr als zehn Jahre lang als Chefärztin tätig. Heute ist sie Inhaberin einer neurologischen Praxis und schreibt nebenher über gesundheitspolitische Missstände, mit denen sie unfreiwillig immer wieder in Berührung kam und kommt. Überdies berät sie gelegentlich ihren Schwager Sebastian Fitzek zum Thema psychische Extremzustände.

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Kammowski& Svenja


Montag, 10. Februar

Die Benachrichtigung der Angehörigen eines Mordopfers gehörte zu den unangenehmsten Tätigkeiten des Berufs. Im Sommer hatte Thomandel eine Fortbildung zu diesem Thema organisiert. Kammowski versuchte, sich Einzelheiten in Erinnerung zu rufen. Er hatte zwar noch die hübsche brünette Psychologin vor Augen, aber an Fakten konnte er sich nicht mehr erinnern. Kammowski seufzte. Thomandel mit seinem Fortbildungsspleen. Sie waren sicherlich das bestgeschulte Morddezernat der Republik, aber Kammowski fand nicht, dass Seminare zu diesem Thema etwas nützten. Da konnte er noch so einfühlsam sein, am Ende stand immer die unumstößliche Tatsache des Todes, und er spielte nun mal nicht gerne den Todesengel. Frauen konnten das irgendwie besser, fand er, und wenn möglich lud Kammowski diese Verpflichtung auf eine Kollegin ab. Svenja hatte zwar erst vor wenigen Wochen ihre Ausbildung abgeschlossen, aber einen Versuch war es wert.

»Das traust du dir doch sicher schon alleine zu, oder?«

Das hatte mehr wie eine Feststellung als wie eine Frage geklungen. Sie saßen gerade in Doros Café. Doro, eigentlich Dorothee Kerner, bis zu ihrer Geschlechtsumwandlung Dieter, war für Recherchen aller Art zuständig, und sie war darin ausgesprochen gut. Kevin Ordyniak, der in Svenjas Alter, aber schon etwas länger beim LKA war, hatte ihr gleich am ersten Tag alles über Doro erzählt und sie davor gewarnt, sie zu unterschätzen oder gar abschätzig zu behandeln. Das hatte Svenja auch nicht vorgehabt, aber sie war ihm dankbar für den Hinweis gewesen.

Von ihren Kaffeetassen stieg ein aromatischer Duft von warmer Milch, Kakao und Zimt auf, eine fast andächtige mittägliche Stille hatte sich im sonst so geschäftigen Revier breitgemacht. Die anderen Kollegen waren noch zu Tisch oder saßen an ihren Schreibtischen. Kammowski atmete die Stille tief in sich ein, lehnte sich in dem Korbsessel bequem zurück und schloss die Augen.

Svenja gab drei Löffel Zucker in ihren Kaffee, rührte angestrengt darin, studierte intensiv die Flüssigkeitsstrudel, die ihr Rühren hervorrief, und schwieg. Sie war davon ausgegangen, dass sie beide gleich nach dem Mittagessen gemeinsam losfahren würden, um mit der Frau des Opfers zu reden. Jetzt wollte Kammowski ihr das aufhalsen. Deshalb hatte er wohl auch darauf bestanden, erst einmal einen Kaffee zu trinken.

»Hektik ist der Schädling aller kostbaren Gedankenfrüchte«, hatte er gesagt und sie in Richtung Doros Café dirigiert. Doro hatte zwar keine Zeit für ein Schwätzchen gehabt, ihnen aber rasch zwei Kaffee an ihrem Turbo-Espresso-Automaten – hochglanzpoliert, Schweizer Modell, sündhaft teuer – gezapft. Sie hatte sogar noch Milch geschäumt, ihre Cappuccinos mit einer Prise Zimt und Kakao gewürzt und auf die Schale mit Cantuccini gezeigt. »Selbstgemacht, nach einem Rezept meiner italienischen Großmutter.« Dann war ihr Zeigefinger von den Cantuccini zum rosafarbenen Sparschwein gewandert, und sie hatte mit strengerem Tonfall hinzugefügt: »Spenden helfen, Ihr Lieblingscafé am Leben zu erhalten.« Dann war sie mit einer theaterreifen Pirouette auf ihren 7-Zentimeter-Stilettos in Richtung Thomandels Büro abgedreht.

»Von wegen italienische Großmutter«, grunzte Kammowski und nahm sich einen der Kekse, »aber die Dinger sind gut.«

Svenja sagte nichts und sah immer noch angestrengt in ihre Kaffeetasse.

Schließlich sagte Kammowski: »Du kannst ja die Kollegen von der Streife bitten, dich zu begleiten, wenn du nicht alleine fahren möchtest«, ganz so, als sei es bereits abgemachte Sache, dass es allein ihre und nicht die gemeinsame Aufgabe sei, Frau Steinkopf aufzusuchen.

Svenja überlegte fieberhaft, dann gab sie sich einen Ruck: »Nein, Kollege, das lass ich mir jetzt nicht turfen. Ich fände es ehrlich gesagt nett, wenn wir das zusammen machen könnten, zumal Thomandel uns ja auch noch in die Leydenallee geschickt hat, wegen der Kindesmisshandlung.« Ihre Stimme hatte einen weniger beiläufigen Tonfall, als sie es sich gewünscht hätte, und sie erschrak vor sich selbst und den möglichen Konsequenzen, die ihr resolutes Auftreten g