KAPITEL DREIZEHN
Zodwa
27. April 1994
Big Hope Informal Settlement,
Magaliesburg, Südafrika
Als die ersten Regentropfen auf das Wellblechdach klopfen, zuckt Zodwa zusammen und lässt das Buch in ihren Schoß sinken. Die flatternden Seiten löschen die Kerze, und die Hütte ist in Dunkelheit getaucht.
Obwohl sie schon seit über einem Jahr in dem Squatter Camp lebt, hat sich Zodwa immer noch nicht daran gewöhnt: die Panik, wenn die ersten dissonanten Schläge ihren Rhythmus finden und zu einem stetigen Trommelschlag werden, der eine Katastrophe ankündigt. Die Hütten nahe am Flussbett wurden im Januar überflutet und weggespült. Niemals wird sie das unmenschliche Heulen der Frau vergessen, als am Tag darauf die aufgequollene Leiche ihres zweijährigen Kindes zwei Kilometer flussabwärts gefunden wurde.
Am schlimmsten findet es Zodwa, dass die dünne Schaumstoffmatratze anfängt zu stinken, wenn Wasser in die Hütte läuft und den Lehmfußboden tagelang schmierig aufweicht. Es gibt ihr das Gefühl, wie ein Insekt in feuchter Erde eingegraben zu leben, anstatt ein menschliches Wesen zu sein, das versucht, sein Leben auf dem winzigen Stückchen Land zu fristen, das sie für sich beanspruchen.
Doch sogar das Konzept des Eigentums ist eine Illusion. Die Leute hier haben zwar ihre Hütten gebaut, aber das Land gehört nicht ihnen. Wie Tausende anderer hausen sie hier ohne offizielle Genehmigung und leben in ständiger Furcht – vor den Bulldozern und den Hüttenfeuern, die gelegentlich aufflammen und durch das Lager brausen. Die Regierung und die Polizei stellen eine gleichermaßen schlimme Bedrohung dar.
Zodwa ist erleichtert, als die Regentropfen leiser werden. Gerade hat sie ein Streichholz entfacht, um die Kerze wieder anzuzünden, als sich ihre Mutter plötzlich aufrichtet, geschüttelt von einem heftigen Hustenanfall. Auch der Hund, der zusammengerollt zwischen Leletis Beinen geschlafen hat, erhebt sich.
Leleti hat in den letzten Wochen so viel Gewicht verloren, dass sie nur noch aus Haut und Knochen besteht. Als Zodwa die Hand auf das Knie ihrer Mutter legt, fühlt es sich so hart an wie eine Zurückweisung. »Mama. Was kann ich für dich tun?«
Leleti wartet, bis der Hustenanfall abgeebbt ist, bevor sie mühsam keuchend antwortet: »Gar nichts, mein Kind, aber ich danke dir. Versuche, dich ein bisschen auszuruhen.« Der Hund winselt, als er ihre Stimme hört, und leckt ihre Hand.
»Ich kann nicht schlafen. Bitte lass mich dir helfen. Komm, ich befeuchte das Tuch, dann kannst du dein Gesicht damit kühlen«, sagt Zodwa und macht Anstalten aufzustehen.
Ihre Mutter deutet auf den Topf voller Wasser neben sich, in dem nutzlos ein Tuch schwimmt. Es ist voller Blut, das in Schlieren herausläuft und rosa Farbwirbel im Wasser hinterlässt. »Es nützt doch sowieso nichts.«
Endlich gibt sich der Anfall, und Leleti legt sich wieder hin. Der Hund tut es ihr nach. Gerade als Zodwa glaubt, ihre Mutter sei eingeschlafen, sagt sie: »Du solltest nach Hause gehen.«
»Ich bin zu Hause, Mama.«
»Nein, zurück nach Ulundi. N