: Lucy Dillon
: Die kostbaren Momente des Glücks Roman
: Goldmann Verlag
: 9783641252984
: 1
: CHF 13.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 528
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jeannie hat den charismatischen Tierarzt Dan Hicks im Internet kennengelernt. Nach nur fünf Monaten macht er ihr einen Heiratsantrag, und Jeannie sagt beglückt Ja. Doch auf dem Weg zum Standesamt in Longhampton packen sie plötzlich Zweifel. Panisch bittet sie ihren Vater, die Hochzeit abzusagen, doch der Anruf bei Dan hat schreckliche Folgen. Noch im Brautkleid wird sie kurz darauf ins Krankenhaus gerufen. Dan liegt nach einem schweren Unfall im Koma – und Jeannie muss sich fragen, weshalb sie die kostbaren Momente des Glücks nicht angenommen hat, als sie zum Greifen nahe waren …

Lucy Dillon kommt aus Cumbria, einer Grafschaft im Nordwesten Englands. Sie studierte Englische Literatur in Cambridge und lebt heute mit ihren zwei Hunden, einem alten Range Rover und viel zu vielen Büchern in einem Dorf in der Nähe von Hereford.

Kapitel 1


Im Mai darauf

Jeannie McCarthy war zwanzig Minuten und vier Meilen vom Rathaus von Longhampton entfernt, als sich ihr der erste, nicht mehr zu ignorierende Gedanke über ihre bevorstehende Hochzeit aufdrängte.

Ich bekomme keine Luft mehr, lautete er.

Der Ehrlichkeit halber musste man sagen, dass sich das beklemmende Gefühl in ihrer Brust teilweise ihrem Kleid verdankte. Jeannies Brautkleid war ein absoluter Traum, mit Korsett, Tüllunterröcken, die bei jeder Bewegung raschelten, und zarten elfenbeinfarbenen Rosen auf dem herzförmigen Satinmieder. Es war nicht gerade das, wofür Jeannie sich normalerweise entschieden hätte – sie trug eher Haremshosen und/oder Doc Martens, je nach Wetter –, aber der Ausbund an Eleganz, der sie aus dem Spiegel heraus angeschaut hatte, war so überraschend gewesen, dass ihr die Entscheidung irgendwie entglitten war. Sie sah genau richtig darin aus, wie eine echte Braut. Die Verkäuferin hatte die weiß behandschuhte Hand vor den Mund geschlagen, und die Ladenbesitzerin war in den Ankleideraum gestürzt, den Glückwunsch-Prosecco bereits in der Hand. »Das ist es«, hatte sie ehrfürchtig gehaucht. »Glauben Sie mir, meine Liebe, das ist Ihr Kleid.«

Es wirkte wie Schicksal, dass Jeannieihr Kleid gefunden hatte. Aber es hatte sich ja auch wie Schicksal angefühlt, als Dan ihr als Erster geantwortet hatte, in jener Nacht damals, als sie es aufgegeben hatte, den »Richtigen« auf altmodische Weise zu suchen, und sich widerstrebend in die Kontaktseiten des Internets gestürzt hatte. Vom ersten Treffen bis zur Hochzeit war gerade einmal ein Jahr vergangen. Nicht eine einzige Minute hatten sie vergeudet. Oder wie die Ladenbesitzerin es mit einem weiteren ermutigenden Nicken ausdrückte: »Wer weiß, der weiß.« Es war alles so schnell gegangen. So unglaublich schnell.

Der andere Grund für das Engegefühl in Jeannies Brust war die wachsende Erkenntnis, dass sie dabei war, einen gewaltigen Fehler zu begehen.

Jeannie versuchte noch einmal einzuatmen, ganz tief, und wäre fast erstickt. Die steife Spitze hinderte sie daran, ihre Lunge richtig zu füllen. Sie war sich absolut sicher, dass ihr Gehirn schon unter Sauerstoffmangel litt. Seit man sie in der Braut-Suite in ihr Korsett geschnürt hatte, hatte sie nicht mehr richtig durchatmen können, und ihr war schon ganz mulmig im Kopf. Das Glas mit eiskaltem Champagner, das man ihr in die Hand gedrückt hatte, bevor sie und ihr Vater aufgebrochen waren, hatte auch nicht geholfen. »Entspannen Sie sich einfach!«, hatte der Hotelbesitzer lächelnd gesagt. Mehr Alkohol. Ihr Vater hatte i