DIE LANGE NACHT DER OFFENEN BÄDER
Nachts um drei erreichte der Geldtransporter mit dem Schweizer Autokennzeichen die Innenstadt. Nervös wie ein grundelnder Wels tuckerte er die Paulsberger Allee hinauf, umsäumt von schwer bewachsenen Haselnussbäumen, die ihre Köpfe neigten. Der Transporter, ein neuer Volvo in Blaumetallic, spiegelte das orangegelbe Licht der Straßenlaternen wider. An beiden Hintertüren klebten große Logos, welche man nun in der Dunkelheit kaum entziffern konnte: ein silberner Aufkleber mit den Umrissen Dagobert Ducks und dem Schriftzug »Geld sicher transportieren«– eine perfekte Tarnung! Tagsüber zog der Wagen alle Aufmerksamkeit auf sich, in den Köpfen der Menschen am Straßenrand brodelte es: Strumpfmasken, Überfälle und Unfälle, bei denen demolierte Autoteile zu geöffneten Schatztruhen wurden.
Ein Schwarm von fliegendem Müll umgab die seltsame Karre: fast unsichtbar die kleinen Folien von Bonbons und silbernen Kaugummipapierchen, die das Laternenlicht flackernd reflektierten, mehrere Bäckereitüten als braune Lappen, zwei, drei platte, tote Vögel, eine Blechdose, zwei Plastikflaschen und drei Bananenschalen. Wie ein fahrender Staubsauger zog der Volvo alles an, kurz pappte der gesamte Unrat an den Fensterscheiben und der glänzenden Karosserie. Kronkorken klirrten gegen die Windschutzscheiben, doch ein kaum sichtbarer Lüftungsschlitz auf dem Dach des Transporters pustete den gesamten Dreck wie in einer unsorgfältigen Mülltrennungsanlage auf den sauberen Asphalt zurück. Auf dem Autodach: eine tote Katze, ihr Kopf an der Seite hinunterhängend, ihr Gesicht gegen eine der getönten Scheiben gedrückt, als erspähe sie dadurch doch eine Maus auf einem Autositz, mehrere Spatzen, auf dem Rücken liegend, tote Ausstrahlung, obwohl ihr Flaum vom Fahrtwind nervös flatterte, die Köpfe im Nacken verkrampft, dazwischen Tüten und viele, viele goldene Kronkorken, die dem Geldtransporter als dilettantische Geldstücke eine ironische Note verliehen.
Der Wagen hielt nun an der Kreuzung vor der leer stehenden Fernsehtechnikwerkstatt und fuhr bei Grün langsam weiter, vorbei am größten Secondhand-Kaufhaus Europas, vorbei an Bertas Erotikfachhandel, vorbei an der Biobäckerei Atomic Bread,an Handyläden, an Aurelias Ein-Euro-Laden und der kleinen,