1. KAPITEL
Der Tag zuvor
Emma Allaire starrte auf die gerade installierte App namensNOST auf ihrem Handydisplay und seufzte. „Du denkst echt, dass ich das machen sollte?“, fragte sie ihre beste Freundin Sarah zum wiederholten Male, während sie auf der Terrasse ihres Lieblingsbistros am Lincoln Square saßen und der milde, noch nicht ganz herbstliche Septemberwind sanft über den bevölkerten Platz wehte. NOST, kurz fürNo Strings – nichts Verbindliches, war eine neue Dating-App, von der alle ihre Freundinnen sprachen und die dazu diente, sich mit Männern zu unverbindlichem Sex zu verabreden. Das geheimnisvolle schwarze Logo der App erschien auf ihrem Display, und sie tippte es an.
„Versuch es doch einfach, okay?“, antwortete ihre rothaarige, makellos schöne Freundin, in deren Leben ein Musiker nach dem anderen ein und aus ging. „Bevor du’s nicht probiert hast, kannst du’s doch nicht wissen.“
„Aberdas ist doch genau das Problem“, rief Emma und hielt das Handy hoch, dessen Display gerade die NOST-Startseite anzeigte. „Keine Namen. Keine Verbindlichkeiten. 100 % Spaß“, las sie vor und schob empört die schwarzgerahmte große Brille auf ihrem Nasenrücken hoch. „Wie soll manso denn jemals die große Liebe finden?“ Sie zeigte Sarah das Bild eines oberkörperfreien Mannes, der sich selbst mit Kussmund im Spiegel fotografiert hatte. Die App bot ihr an, nach rechts zu wischen, falls sie mit ihm ‚eine gute Zeit‘ verbringen wollte, und nach links, falls nicht.
„Süße, du weißt schon, dass es hier nicht um die große Liebe geht. Es geht allein darum, dass du mal wieder richtig Spaß hast.“ Sarahs Augen leuchteten.
Emma lachte auf. „Wovon sprichst du eigentlich?“
Sarah gestikulierte mit der Gabel in der Hand. „Du hast doch manchmal Spaß, oder etwa nicht?“
Emma spürte, wie sie errötete. „Ähm, klar.“
Bisher halt erst mit zwei verschiedenen Typen. Sie hatte in ihrer gesamten Dating-Geschichte bisher nur zwei Männer gehabt. Aber das musste sie Sarah ja nicht auf die Nase binden.
Diese setzte ihre Sonnenbrille auf und lehnte sich in der Sonne zurück. „Gut. Ich dachte schon, du gehörst zu den armen Seelen, die noch nie einen echten Orgasmus hatten.“
Emma sah sich um; sie fürchtete, dass ihnen jemand zuhörte. Darüber konnte Sarah nur den Kopf schütteln. „Orgasmus!“, rief sie laut, und ein Mann, der mit seinen zwei Kindern am Nebentisch saß, blickte irritiert zu ihnen hinüber.
„Psst!“, befahl Emma ihrer Freundin. Nicht, dass das etwas genutzt hätte, denn Sarah hielt grundsätzlic