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Eine untersetzte Frau in schwarzen Stiefeln und einem Waylon-Jennings-T-Shirt weckte sie. Sie setzten sich auf, rieben sich die Augen, und als sie standen, fragte die Frau, was sie da machten.
»Nichts«, erwiderte Maben, strich dem Kind mit der Handfläche übers Haar und hob dann den Müllsack auf.
»Braucht ihr eine Mitfahrgelegenheit oder so was? Ich muss jetzt zuerst mal was essen, aber dann fahr ich runter Richtung New Orleans.«
»Wir kommen schon klar«, sagte Maben, nahm die Hand des Mädchens und verließ mit ihm den Umkleideraum. Sie gingen hinaus und setzten sich auf den Bordstein. Während sie ein paar Stunden Schlaf ergattert hatten, in denen höfliche oder desinteressierte Besucher der sanitären Einrichtungen über sie hinweggestiegen waren, bis schließlich die untersetzte Frau beschlossen hatte, sie zu wecken, war der Nachmittag verstrichen. Maben fragte sich, ob die Zeit noch reichte, um es zum Frauenhaus zu schaffen, oder ob sie wieder in der Nacht stranden würden. Ob sie noch einen Platz für sie hätten. Ob sie ihr helfen könnten, einen Job zu finden. Ob sie Malbücher hätten. Ob sie einen Tag lang bleiben könnten oder drei Tage oder einen Monat. Ob.
Ihr Blick fiel über den Parkplatz auf die Motelzimmer. Sie sah das Mädchen an. Sie waren drei Tage lang am Straßenrand oder im Wald gewesen.
»Komm«, sagte sie zu dem Mädchen, und sie gingen wieder hinein und zur Kasse des Diners, wo die Zimmerschlüssel an Haken auf einem an die Wand genagelten Holzbrett hingen. Die junge Frau, die sie bedient hatte, stand hinter der Kasse und sortierte Quittungen, schaute auf und sagte, ich dachte, ihr wärt längst weg.
»Noch nicht«, erwiderte Maben. »Wir hätten gern eines der Zimmer, falls Sie noch eines haben.«
»Klar«, sagte die Kellnerin, legte die Quittungen hin und holte ein Notizbuch unter dem Tresen hervor. Sie schlug es auf, hakte ein paar Felder ab und sagte, es sähe so aus, als wäre Zimmer sechs noch frei. Genau fünfunddreißig Dollar.
Maben zog die gefalteten Scheine aus der Tasche. Während sie das Geld abzählte, sah die Kellnerin zu dem Mädchen hinunter und fragte es nach seinem Namen.
»Annalee«, antwortete das Mädchen. Dann sah das Mädchen auf und sagte, meine Mama heißt Maben.
»Danach hat sie nicht gefragt«, sagte Maben und gab der Kellnerin das Geld.
Die Kellnerin drehte sich um, nahm einen Schlüssel von einem Haken, reichte ihn Maben und lächelte wieder das Mädchen an. »Achten Sie darauf, dass Ihre Tür immer abgeschlossen ist.«
»Warum?«, fragte das Mädchen, doch Maben sagte ihr, sie solle mitkommen, und sie überquerten den Parkplatz zu ihrem Zimmer. Sie blieben kurz stehen, um einen Sattelschlepper vorbeizulassen, und als sie ihren Weg fortsetzten, begann das Kind in Vorfreude darauf, von einem weichen Sitzplatz aus fernzusehen, vergnügt zu hüpfen.
Sie hatten sich Zeichentrickfilme und die Wettervorhersage angesehen. Hatten die Schuhe ausgezogen, auf dem Bett gesessen und die Beine ausgestreckt. Hatten kalte Getränke aus dem Automaten geschlürft. Und nun war das Mädchen eingeschlafen, und das Licht des Fernsehers flackerte im dunklen Zimmer über ihren sauberen Körper. Maben ging zum Fenster und