2. ANSUCHEN
Es klingelt. Ich stehe gähnend vor der Herdplatte, warte, bis der Kaffee hochkocht, und reibe mir dabei das Gesicht, um es aufzuwecken. Mein Hirn läuft schmalgradig. Sprechen ist noch undenkbar. Wahrscheinlich ist es die alte Frau, die in regelmäßigen Abständen den Müll im Hinterhof durchsucht, wonach, weiß ich nicht.
Ich drücke den Türöffner der Gegensprechanlage und gehe zum Fenster, um die Mülltonnen zu beobachten.
Freitag, morgens um halb 10. Wie ein Tier im Käfig.
Hinter dem Doppelglas kann uns nichts passieren.
Aber die Anwesenheit des Elends und die verwaisten Sperrholzküchenschränke, die in den matschigen Inseln um die spärliche Straßenbepflanzung schwimmen, sind tolle Kulissen für weißkörnige Schnappschüsse von Beinen mit Kritzeltattoos. In Seidenpapier geschlagen trudeln die Kompaktkameras mit der Post aus Bad Kissingen in der Hauptstadt ein, Ebay sei Dank.
Die alte Frau weiß von all dem nichts, und mir ist die Empathie für sie und die totale Verwüstung des Hinterhofs, die sie mit ihrem traurig-routinierten Gestochere hinterlässt, abhandengekommen.
Das Küchenradio ist auf einen indischen Sender gestellt. Ich mag es, wenn jemand über Dinge, die ich nicht ver