: Franziska Krafft, Katharina Gerhardt
: Wendemanöver Ein Sohn im Drogensumpf. Eine Mutter setzt Segel.
: Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783959101875
: 1
: CHF 10,70
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: Romanhafte Biographien
: German
: 256
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Ich weiß nicht, wie unser Bootstrip ausgehen wird. Alles ist offen. Aber jetzt und hier klaut Jonas nicht und nimmt auch keine Drogen. Da kann er hundertmal am falschen Ende der Leine ziehen.« Die alleinerziehende Mutter Franziska Krafft ist nicht mehr aufzuhalten: Sie will ihren drogenabhängigen 16-jährigen Sohn Jonas, der in die Kriminalität abgerutscht ist, von der Entzugsklinik auf ihr Segelboot holen. Himmel und Hölle setzt sie in Bewegung für diese Idee, redet sich beim Jugendamt den Mund fusselig, bis es endlich heißt: Jonas darf mit ihr und seinen Brüdern den Sommer auf dem Boot verbringen. Doch wie gestaltet sich der Alltag an Bord, wenn Mutter und Sohn drei Jahre lang kaum Kontakt hatten? Wird Jonas ohne Drogen durchhalten? Und kommt die Teenie-Crew auf der stürmischen Nordsee klar? Ein mitreißendes Buch, das zeigt, welche Kräfte eine Mutter mobilisiert, wenn es um das Leben ihres Kindes geht.

Franziska Krafft lernt für ihr Leben gern. Sie liebt das Reisen und nimmt jede sportliche Herausforderung an. Die passionierte Hobbyseglerin lebt mit ihren drei Söhnen in einem Dorf in den Bergen.

KAPITEL 2


Beim zweiten Mal ist alles leichter


Jonas war immer schon anstrengend, extrem anstrengend, bereits als kleines Kind. Von Tag eins an. Er hat immer schon neunzig Prozent meiner Zeit, meiner Energie und meiner Nerven verbraten. Das fing beim Stillen an: Erst war er gierig, gierig, gierig, dann hat er alles wieder ausgespuckt, dann hatte er wieder Hunger. Ich hatte im Wochenbett dann auch schnell eine Brustentzündung. Und geschlafen hat Jonas als Baby auch von Anfang an nie. Ich musste ihn nachts immer herumtragen. Sobald man ihn hingelegt hat, hat er wieder geschrien. Tagsüber schlief er zwar schon, aber nachts war er dauernd wach. Das war wirklich anstrengend. Aber ich kannte das damals nicht anders, er war ja mein erstes Kind. Ich habe gedacht, das ist eben so, das ist normal, Babys sind so. Es sind ja alle Eltern mit kleinen Kindern extrem fertig und gestresst, brauchst ja nicht groß reden. Ich habe nicht begriffen, dass das nicht so ganz normal ist. Woher soll man das auch wissen?

Als ich dann allerdings bei meiner Schwester gesehen habe, wie es war, als sie das erste Kind bekam, und wovon die fertig war, habe ich sie gefragt: »Dein Kind schläft doch die ganze Zeit, was hast du denn?« Ich dachte, vielleicht ist das so, weil es ein Mädchen ist.

Doch als mein zweiter Sohn Vincent auf die Welt kam, habe ich den Unterschied selbst gesehen. Da dachte ich, interessant. So kann es also auch sein. Mit Kindern. Das ist locker. Dann können wir ja noch ein drittes Kind bekommen. Das war dann Max.

Seit heute, dem 11. Juli, sind wir auf unserem Segelboot, der Kaimana, unterwegs. Wir, das sind bis zum 25. Juli mein Sohn Jonas, mein Lebensgefährte Peter und ich. Noch sind wir zu dritt. Die Schiffsbesatzung wird wechseln. Vom 26. Juli bis zum 10. August werden meine Freunde Tina, Jan und Martin an Bord kommen und Peter ersetzen. Vom 10. bis 31. August besteht die Crew dann neben mir und Jonas aus meinen jüngeren Söhnen, dem 15-jährigen Vincent und dem elfjährigen Max, sowie Jonas’ Freundin Caro und meinem Vater. Vincent und Max verbringen die erste Hälfte der Sommerferien bei ihrem Vater. Jonas wird als Einziger die ganze Zeit mit mir an Bord sein.

Unsere erste Etappe wird uns von Fehmarn nach Bagenkop in Dänemark führen. Peter und Jonas sind beide Segelnovizen. Ich bin passionierte Hobbyseglerin und kenne mich auf dem Boot am besten aus. Ich habe für diese Segelreise mit Jonas schwer gekämpft. Unsere Situation hier ist ein bisschen speziell: Jonas ist drogenabhängig und frisch aus der Entzugsklinik entlassen. Er hat eine ausgesetzte einjährige Jugendhaftstrafe wegen massiven Besitzes und Handels mit Cannabis, diverser Wohnungseinbrüche, Diebstahls, Unterschlagung, Beleidigung, Nötigung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs. Zudem hat Jonas eine Karriere als notorischer Schulschwänzer hinter sich. Die weiterführende Schule hat er inzwischen abgebrochen. In den letzten drei Jahren hat er nicht bei mir und seinen beiden jüngeren Brüdern in unserem Bergdorf, sondern bei seinem Vater in Frankfurt am Main gelebt. Es waren drei sehr harte Jahre. Diese Schiffsreise hat das Jugendamt letztlich nur genehmigt, weil es einfach keinen freien Platz für Jonas in einer Einrichtung gab. Diese Schiffsreise ist mein Projekt als Mama. Und ein Versuch. Ein Versuch, Jonas von den Drogen loszukriegen.

In den drei Frankfurter Jahren hatte ich nur wenig Kontakt zu Jonas. Den medizinischen Teil des Drogenentzugs hat Jonas gerade hinter sich. Meine Hoffnung ist es, ihn mit dieser S