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Geh niemals zurück. Den Rat bekommt man oft zu hören. Alles hat sich verändert. Nichts ist mehr so, wie du es in Erinnerung hast. Lass die Vergangenheit in der Vergangenheit ruhen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Die Vergangenheit kommt immer wieder hoch. Wie ein schlechtes Curry.
Ich will nicht zurückgehen. Nein. Da steht noch manches höher auf meiner Wunschliste: nicht bei lebendigem Leibe von Ratten gefressen werden, Line-Dance und solche Sachen. Anders gesagt, ich will unter keinen Umständen jemals in das Dreckskaff zurückkehren, in dem ich aufgewachsen bin. Aber manchmal bleibt einem nur die Entscheidung für das Falsche.
Und deswegen fahre ich jetzt noch vor sieben Uhr morgens auf einer kurvenreichen Fernstraße durch die Landschaft von North Nottinghamshire. Ich habe diese Straße seit Langem nicht mehr gesehen. So wie ich auch sieben Uhr morgens seit Langem nicht mehr gesehen habe.
Auf der Straße ist nichts los. Nur ein paar Autos überholen mich, eins hupt (womit der Fahrer zweifellos andeutet, ich behindere seine Lewis-Hamiltonsche Raserei zu irgendeinem beschissenen Job, den er unbedingt ein paar Minuten früher antreten will). Und es stimmt, ich fahre langsam. Nase an der Windschutzscheibe, die Hände ums Steuer gekrampft, dass die Knöchel weiß hervortreten: ganz langsam.
Ich fahre nicht gern. Wann immer möglich, lasse ich es. Ich gehe zu Fuß oder nehme den Bus, für weitere Strecken den Zug. Dummerweise hat Arnhill keine nennenswerten Busverbindungen, und der nächste Bahnhof ist zwölf Meilen entfernt. Da bleibt mir nur das Auto. Wie gesagt, manchmal hat man keine Wahl.
Ich blinke, biege ab und setze die Fahrt auf Landstraßen fort, die noch schmaler und tückischer sind. Auf beiden Seiten erstrecken sich Äcker in nassem Braun oder schmutzigem Grün, Schweine beschnüffeln die Luft in rostigen Wellblechhütten zwischen windschiefen Birkenwäldchen. Sherwood Forest, oder was davon übrig ist. Robin Hood und Little John sieht man heutzutage nur noch auf schlecht gemalten Schildern heruntergekommener Kneipen. Die Männer in diesen Kneipen sind meist ziemlich angesäuselt, und das Einzige, was man einbüßt, sind die Zähne, wenn man diese Männer schief ansieht.
Der Norden ist gar nicht so rau, wie man immer sagt. Und Nottinghamshire liegt ja auch nicht hoch im Norden – höchstens für Leute, die nie über den Höllenring der M25 um London hinausgekommen sind. Aber farblos ist es dort, flach, längst nicht so lebendig, wie man von ländlichen Gegenden erwartet. Als hätten die einst hier so zahlreichen Bergwerke alles Leben von innen heraus weggeschaufelt.
Nachdem ich lange Zeit keinerlei Anzeichen von Zivilisation bemerkt habe, nicht mal einen McDonald’s, taucht endlich ein verwittertes Schild vor m