: P. D. James
: Der schwarze Turm Roman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426454480
: Die Dalgliesh-Romane
: 1
: CHF 6.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 368
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jetzt schon ein Klassiker des englischen Kriminalromans: P. D. James' Reihe um den genialen Commander Adam Dalgliesh Nachdem Commander Adam Dalgliesh sich schon unter den Todgeweihten sah, überlegt er ernsthaft, seinen Job an den Nagel zu hängen. Auf Einladung eines väterlichen Freundes fährt er in ein idyllisch gelegenes Sanatorium im englischen Dorset, um sich zu erholen und etwas Abstand zu gewinnen. Doch bei seiner Ankunft wird ihm mitgeteilt, dass sein Freund verstorben sei. Es bleibt nicht bei diesem einen »natürlichen Todesfall« in dem seltsamen, von schrulligen Angestellten bevölkerten Heim, und schon bald schlagen Dalglieshs kriminologische Instinkte gegen seinen Willen Alarm. Natürlich kann der Commander nicht widerstehen, die Ermittlungen aufzunehmen ... Band 5 der Reihe um Commander Adam Dalgliesh. »Die Kunst, die Psyche ihrer Romanfiguren tiefsinnig auszuleuchten, beherrscht P. D. James virtuos, und so gerät das Detektivspiel in der kargen Landschaft von Dorset dem Leser zu einem prickelnden Vergnügen.« Mannheimer Morgen

Phyllis Dorothy James, seit 1991 Baroness James of Holland Park, wurde 1920 in Oxford geboren und verstarb im November 2014 ebendort. Da ihr Mann unheilbar krank aus dem Weltkrieg zurückkehrte, musste sie für sich und die beiden Töchter selbst sorgen. Erst nach langen Jahren in der Krankenhausverwaltung und in der Kriminalabteilung des Innenministeriums konnte sie sich ab 1962 ganz der Schriftstellerei widmen. P. D. James, weltweit als Queen of Crime gerühmt, wurde mit Auszeichnungen und Preisen überhäuft; ihr Commander Adam Dalgliesh, der die meisten Fälle löst, ist in die Literaturgeschichte eingegangen.

1. Kapitel


Das widerrufene Todesurteil

 

 

 

 

 

 

 

Die letzte Visite des behandelnden Arztes stand bevor, und Dalgliesh hegte den Verdacht, dass keiner von ihnen beiden dies bedauerte. Arroganz und gönnerhaftes Verhalten auf der einen, Schwäche, Dankbarkeit und Abhängigkeit auf der anderen Seite waren nun einmal keine Grundlage für eine zufriedenstellende Beziehung zwischen Erwachsenen, sei sie auch noch so flüchtig.

Angeführt von der Krankenschwester und gefolgt von seinem Hofstaat, betrat er Dalglieshs kleines Krankenhauszimmer, bereits gekleidet für die elegante Hochzeit, die er am späten Vormittag durch seine Anwesenheit zieren sollte. Fast war man versucht, ihn für den Bräutigam zu halten, hätte er nicht eine rote Rose anstatt der üblichen Nelke getragen. Er und die Blume wirkten beide wie auf Hochglanz poliert, als wären sie in Transparentfolie verpackt und gefeit gegen zufällige Windstöße, Kälteeinbrüche und unsanfte Finger, die weniger hohen Graden der Vollkommenheit hätten gefährlich werden können. Zur Krönung waren er und die Blume mit einem teuren Duftwasser besprüht worden. Dalgliesh roch es durch den Krankenhausmief von Kohl und Äther hindurch, an den sich seine Nase in den vergangenen Wochen so gewöhnt hatte, dass sie ihn kaum noch wahrnahm. Die Medizinstudenten gruppierten sich um das Bett. Mit ihrem langen Haar und den kurzen weißen Mänteln wirkten sie wie eine Schar nicht ganz gesellschaftsfähiger Brautjungfern.

Dalgliesh wurde von den geschickten, unpersönlichen Händen der Schwester für eine weitere Untersuchung entkleidet. Die kalte runde Fläche des Stethoskops glitt über seine Brust, seinen Rücken. Zwar war diese abschließende Untersuchung eine reine Formalität, dennoch ließ es der Arzt, wie immer, nicht an Gründlichkeit fehlen; nichts, was er tat, geschah achtlos. Auch wenn seine ursprüngliche Diagnose sich in diesem Fall als falsch erwiesen hatte, war er doch zu sehr von sich eingenommen, um es für nötig zu halten, mehr als eine symbolische Entschuldigung zu äußern. Er richtete sich auf und sagte: »Der neueste Bericht der Pathologie liegt vor, und diesmal dürfen wir wohl sicher sein, dass wir es richtig getroffen haben. Der zytologische Befund war ja von Anfang an uneindeutig, und die Diagnose war noch erschwert durch die Pneumonie. Aber es ist keine akute Leukämie, es ist auch keine andere Form von Leukämie. Wovon Sie – glücklicherweise – genesen, ist eine atypische Mononukleose. Ich gratuliere Ihnen, Commander. Sie haben uns einen schönen Schrecken eingejagt.«

»Ich war lediglich ein interessanter Fall für Sie. Der Schrecken war ganz meinerseits. Wann kann ich fort von hier?«

Der große Mann lachte und lud sein Gefolge mit einem Lächeln ein, seine Nachsicht zu teilen angesichts eines weiteren undankbaren Rekonvaleszenten.

Dalgliesh warf hastig ein: »Vermutlich brauchen Sie das Bett.«

»Wir brauchen immer Betten. Trotzdem – es besteht kein Grund zu übermäßiger Eile. Sie haben noch ein gutes Stück Weg vor sich. Aber wir wollen sehen. Wir wollen sehen.«

Nachdem sie gegangen waren, blieb er flach auf dem Rücken liegen und ließ den Blick umherwandern, als sähe er den Raum zum ersten Mal. Das Waschbecken mit den Wasserhähnen, die mit den Ellbogen bedient werden konnten, der schmucke funktionelle Betttisch mit dem abgedeckten Wasserkrug, die beiden mit Kunstleder bezogenen Besucherstühle, die an ihrer gekräuselten Schnur über ihm baumelnden Kopfhörer, die Vorhänge mit ihrem hässlichen Blumenmuster, der kleinstmöglichen Einheit guten Geschmacks. Er hatte damit gerechnet, nach einem letzten Blick auf diese Dinge die Augen für immer zu schließen. Ein kärglicher, unpersönlicher Ort zum Sterben, so schien ihm. Gleich einem Hotelzimmer war auch dieses hier für Durchreisende bestimmt. Ob die Bes