: Vittorio Hösle
: Kritik der verstehenden Vernunft Eine Grundlegung der Geisteswissenschaften
: Verlag C.H.Beck
: 9783406725890
: 1
: CHF 26.40
:
: Philosophie: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 504
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Die Beliebigkeit, die für die Geisteswissenschaften zu Anfang des 21. Jahrhunderts kennzeichnend ist, hat viele Ursachen. Eine zentrale ist das Fehlen von Klarheit hinsichtlich grundlegender Begriffe, Methoden und Aufgaben dieser Wissenschaften. Die Beseitigung dieses Mankos unternimmt Vittorio Hösle mit seinem neuen großen Buch. Insbesondere geht es ihm darum, die Möglichkeit intersubjektiv gültigen Verstehens aufzuzeigen. Denn das Bestreiten dieser Möglichkeit, wie es postmodern gang und gäbe geworden ist, gefährdet die Geisteswissenschaften bis ins Fundament. Hösles Ausführungen setzen mit der Erkenntnis ein, dass zwischen dem Verstehen von Aussagen in der eigenen Muttersprache und den akrobatischen Interpretationsleistungen, die etwa der Entzifferer einer verschollenen Schrift vollbringt, zwischen Lebenswelt und Geisteswissenschaft also, eine erstaunliche Kontinuität waltet. Dabei geht er davon aus, dass die Hermeneutik eine Unterdisziplin der Erkenntnistheorie und daher normativ ausgerichtet ist - es geht in ihr darum, richtiges Verstehen von Missverstehen zu unterscheiden. Denn man kann nicht nur anders, man kann auch besser oder schlechter verstehen, ja, auch etwas völlig missverstehen. Doch Hösles Buch bietet nicht nur eine ausführliche, von Kant inspirierte Analytik und Systematik der komplexen Akte des Verstehens unter Berücksichtigung etwa auch der Jurisprudenz und der Theologie. Ebenso unterzieht es einseitige hermeneutische Theorien der Kritik, darunter auch Freuds Psychoanalyse. Ein abschließender Teil bietet eine kurze Geschichte der Hermeneutik von der Antike bis Gadamer und Davidson mit einem Ausblick auf die Geisteswissenschaften der Zukunft.

<p>Vittorio Hösle ist Paul Kimball Professor of Arts and Letters an der University of Notre Dame (USA). Bei C.H.Beck liegen u. a. von ihm vor: «Das Café der toten Philosophen. Ein philosophischer Briefwechsel für Kinder und Erwachsene» (zus. mit Nora K., 2004), «Der philosophische Dialog» (2006), «Eine kurze Geschichte der deutschen Philosophie» (2013).</p>
Cover1
Titel3
Zum Buch504
Über den Autor504
Impressum4
Widmung5
Motto7
Inhaltsverzeichnis9
Vorwort13
1. Analytik des Verstehens19
1.1. Formale Kennzeichen des Verstehens20
1.1.1. Einleitende Begriffsklärungen: Verstehen, Auslegen, Deuten, Interpretieren, Hermeneutik, Geisteswissenschaften20
1.1.2. Universalität des Verstehens?42
1.1.3. Die besondere Schwierigkeit, Verstehen zuerklären. Der Behaviorismus als Kurzschlußreaktion. Eine Reflexion auf die Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens als Ausweg aus dem Zirkel45
1.2. Gegenstände und Akte des Verstehens49
1.2.1. Die Stufenordnung des Mentalen51
1.2.1.1. Eigenschaften des Mentalen. Das Problem des Unbewußten51
1.2.1.2. Formen der Intentionalität66
1.2.1.3. Formen der Rationalität76
1.2.2. Ausdrucksformen des Mentalen85
1.2.2.1. Der Ausdruck von Affekten und Emotionen86
1.2.2.2. Die Handlung als Ausdruck von Mentalem88
1.2.2.3. Das Werk als Ausdruck von Mentalem91
1.2.2.4. Die sprachliche Äußerung als Ausdruck propositionaler Einstellungen96
1.2.2.4.1. Sprache als nicht-natürliches Zeichensystem102
1.2.2.4.2. Der Weg von Signalen zu einem nicht-natürlichen Zeichensystem108
1.2.2.4.3. Sprache als willkürliches Zeichensystem113
1.2.2.4.4. Die Funktionen der Sprache und die Natur von Sprechakten124
1.2.2.4.5. Die Abweichungen der menschlichen Sprache von dem Ideal einer logischen Kunstsprache: Nicht-verbale Kommunikation indirekte Mitteilung
1.2.3. Verstehen der Ausdrucksformen des Mentalen154
1.2.3.1. Formen des Verstehens: Perzeptuelles, noetisches und noematisches Verstehen155
1.2.3.1.1. Zum perzeptuellen Verstehen. Prinzipien der Textkritik. Perzeptuelles Verstehen und ästhetischer Genuß159
1.2.3.1.2. Zum noetischen Verstehen. Theoretisches, widerhallendes und sympathetisches Verstehen. Internes und externes noetisches Verstehen168
1.2.3.1.3. Zum noematischen Verstehen. Explizites und impliziertes Noema. Jemanden besser verstehen, als er sich selbst versteht. Produktive Mißverständnisse174
1.2.3.2. Direktes und erschließendes Verstehen. Verstehen und Erklären179
1.2.3.3. Verstehen der vier Ausdrucksformen des Mentalen190
1.2.3.3.1. Verstehen des Ausdrucks von Affekten190
1.2.3.3.2. Handlungsverstehen196
1.2.3.3.3. Werkverstehen202
1.2.3.3.4. Sprachverstehen214
1.2.3.4. Wann muß Verstehen sich an der Autorintention orientieren, wann darf oder muß es sie überschreiten?237
1.2.3.4.1. Beispiele legitimen und illegitimen Überschreitens der Autorintention241
1.2.3.4.2. Das besondere Problem des Auslegens von mehreren Autoren verfaßter, zumal autoritativer Texte256
1.2.3.4.2.1. Jurisprudenz260
1.2.3.4.2.2. Theologie265
1.2.3.5. Die Verflechtung der Geisteswissenschaften mit den anderen Wissenschaften269
1.2.3.6. Deuten der Wirklichkeit und der Geistesgeschichte276
1.3. Bedingungen der Möglichkeit des Verstehens. Transzendentalphilosophie und objektiver Idealismus281
1.3.1. Transzendentale Ästhetik der Hermeneutik: Was wahrgenommen werden muß, damit Verstehen möglich ist289
1.3.2. Transzendentale Logik der Hermeneutik: Unterstellung von Rationalität301
1.3.3. Transzendentale Pragmatik der Hermeneutik: Unterstellung von Rationalität zweiter Ordnung und Kooperationswille320
2. Dialektik des Verstehens333
2.1. Behavioristische Hermeneutik. Die Fokussierung auf das Verhalten bei Quine335
2.2. Noetische Hermeneutik. Die Fokussierung auf das Erleben bei Dilthey340
2.2.1. Die Ursachen des mentalen Lebens. Quellen und die Absicht zu wirken344
2.2.2. Die unbewußten Ursachen: Freuds psychoanalytische Hermeneutik355
2.2.3. Die Wirkungen des mentalen Lebens. Gadamers Projekt365
2.3. Noematische Hermeneutik370
2.3.1. Legitimer und illegitimer Anachronismusvorwurf374
2.3.2. Leo Strauss' Verfolgungshermeneutik380
2.3.3. Werk ohne Subjekt389
3. Eine kurze Geschichte der Hermeneutik403
3.1. Antike und Mittelalter: Wahrheit statt Sinn404
3.1.1. Warum es in der klassischen Antike keine philosophische Hermeneutik gibt404
3.1.2. Interpretation autoritativer Texte, zumal der Bibel413
3.1.3. Augustinus' Synthese von Zeichenphilosophie und Bibelhermeneutik425
3.1.4. Mittelalterliche Innovationen432
3.2. Das Verstehen von Sinn unabhängig von seiner Wahrheit440
3.2.1. Spinozas Revolution der biblischen Hermeneutik443
3.2.2. Die Herausforderung des Historismus447
3.2.2.1. Von Vico zu Schleiermacher447
3.2.2.2. Die Selbstaufhebung des Historismus bei Dilthey457
3.3. Die Wiedergewinnung der Wahrheitsdimension der Hermeneutik bei Gadamer und Davidson467
3.4. Die Geisteswissenschaften der Zukunft476
Anhang481
Bibliographie483
Personenregister497