: Helga Glaesener
: Wespensommer Historischer Kriminalroman
: Refinery
: 9783960482055
: Die Toskana-Trilogie
: 1
: CHF 5.90
:
: Historische Kriminalromane
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Weil sie den von der Familie ausgewählten Mann nicht heiraten will, wird die junge Florentinerin Cecilia Barghini nach Montecatini verbannt. Sie soll bei dem streitbaren Richter Enzo Rossi als Gouvernante arbeiten. Doch in dem scheinbar so verschlafenen Ort lauern Gefahren: Ein Mord geschieht, ein Kind verschwindet. Cecilia und Enzo müssen trotz aller Gegensätze zusammenarbeiten, wenn sie den Mörder rechtzeitig fassen wollen.

Helga Glaesener wurde in Niedersachsen geboren und studierte in Hannover Mathematik. 1990 begann die Mutter von fünf Kindern mit dem Schreiben historischer Romane, von denen gleich das Debüt, Die Safranhändlerin, zum Besteller avancierte. Sie lebt in Oldenburg. Neben dem Schreiben bringt sie angehenden Autoren die Kniffe des Handwerks bei. Seit 2010 lebt sie in Oldenburg. Weitere Informationen unter www.helga-glaesener.de

Prolog


Florenz im Dezember 1779


Inghiramo Inghirami, Tragödiendichter und Schreiber von Opern- und Oratorienlibretti, trat vor das Portal des Teatro della Pergola. Es war halb fünf, und über Florenz brach eine frühe Nacht herein. Schneeflocken tanzten im Licht der Straßenlaternen wie eine himmlische Balletttruppe, die sich übermütig dem gestrengen göttlichen Blick entzogen hat. Sie wehten über die Gesimse, Giebel und Balustraden des gegenüberliegenden Ospedale Santa Maria Nuova und legten sich sammetweich auf den Rasen und die Büsche des krankenhauseigenen Gartens. Sie bestäubten die Götterfiguren, die dort standen, und bedeckten das bucklige Straßenpflaster. Verzaubert hob Inghiramo die Handflächen und ließ die kalten Sterne auf seiner Haut schmelzen. Er war glücklich. Cecilia würde kommen. Sie hatte ihm ein Billett geschickt und es versprochen.

Seinem sonst so zynischen Blick entging der von Syphilis gezeichnete Bettler, der in viel zu dünnen Lumpen unter einem Vordach des Ospedale zitterte und möglicherweise erfroren sein würde, bevor die Vorstellung im Teatro beendet war. Er sah auch die Frauen nicht, die an die Kutschen herantraten und in Zimt eingelegte Orangen – und andere, verbotenere Früchte – feilboten, und die Ratten, die die Pfeiler hinaufflitzten und sich unter den Dachbalken tummelten. In einer Stunde würde sich drinnen im Theater der Vorhang heben, und seineMerope – Drama in drei göttlichen Akten von explodierender Sprachgewalt! – die Premiere erleben. Und Cecilia würde Zeuge sein …

Ein krausköpfiger Junge in einer viel zu großen blauroten Uniformjacke, die wahrscheinlich aus dem Fundus des Theaters stammte, verteilte Flugzettel an die Passanten. »Mörder will Königin schänden … Drama des berühmten Inghirami … Mörder will Königin schänden … Beginn punkto sechs … nur noch wenige Karten … Mörder will Königin … wenn es gefällig ist, der Herr …«

Dem Herrn war es nicht gefällig, ungeduldig schlug er ihm die Zettel aus der Hand. Der Junge hob sie wieder auf, blies den Schnee fort und brüllte weiter, was man ihm aufgetragen hatte. »Mörder will Königin schänden …!« Mit ein wenig Glück würde er sich heute Abend eine Suppe in der Garküche an der Ecke des Ospedale leisten können.

Inghiramo blickte die Straße hinab. Der Mond hatte sich einen Platz zwischen den zerrissenen Wolken erkämpft, und sein blasses Licht zeichnete die Umrisse der Kirchendächer, Türme, und Hausfassaden weicher, sodass es aussah, als wären sie eine von Rosalbo Carriera gemalte Kulisse. Undeutlich erkannte er eine Gruppe Studenten, die ein Denkmal mit Schneebällen bewarfen.

Die ersten Zuschauer erreichten das Theater, und ein riesiger Schwarzer, den man wegen des exotischen Ambientes angestellt hatte, dirigierte die Sänften in den Portechaisensaal, wo sie in den dafür vorgesehenen Gefachen verstaut wurden. Hastig klopfte sich Inghiramo den Schnee von der Jacke. Er kehrte ins Theater zurück. Cecilia mochte die Leidenschaft seines Lebens sein, aber er würde ihr nicht wie ein Schoßhündchen schon an der Tür entgegenhecheln.

Im Vestib