: Lou Lorenz-Dittlbacher
: Der Preis der Macht Österreichische Politikerinnen blicken zurück
: Residenz Verlag
: 9783701745883
: 1
: CHF 15.30
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 276
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie definieren ehemalige Spitzenpolitikerinnen das österreichische Machtgefüge? Persönliche Gespräche über weibliche Karrieren in der österreichischen und europäischen Politik: Der Blick auf die Karrieren von Frauen zeigt, dass es viele sehr weit nach oben geschafft haben, aber niemals bis ganz an die Spitze. Noch nie war eine Frau Bundespräsidentin, noch nie Bundeskanzlerin, noch nicht einmal Kanzlerkandidatin. Ist das Zufall oder ist die österreichische Innenpolitik tatsächlich immer noch eine Männerdomäne? Lou Lorenz-Dittlbacher hat mit ehemaligen Politikerinnen gesprochen und lässt sie ihre Geschichten von Erfolgen und Niederlagen erzählen. Die persönliche Sicht von Präsidentschaftskandidatinnen Ministerinnen, Landeshauptfrauen und anderen Spitzenpolitikerinnen auf Hindernisse, Erfolge, Kränkungen und den Abschied von der Macht.

Lou Lorenz-Dittlbacher, geboren 1974 in Wien, ist ORF-Moderatorin der ZiB2. Sie begann ihre journalistische Laufbahn im Printbereich, 1997 startete sie ihre Fernsehkarriere zunächst beim Privatsender Wien 1, seit 1999 arbeitet sie beim ORF. Sie war innenpolitische Redakteurin, Moderatorin zahlreicher Informationssendungen und stellvertretende Sendungsverantwortliche der ZiB24. 'Der Preis der Macht' (2018) ist ihr erstes Buch.

Brigitte Ederer


»Politik ist extrem spannend, aber auch extrem kränkend«


Selten in der österreichischen Geschichte haben SPÖ und ÖVP so viel Grund, gemeinsam zu feiern, wie am 12. Juni 1994. In der »Nacht der Blaskapellen«, wie sie derKurier am folgenden Tag nennt, weil in der Wiener Innenstadt die Gardemusik ebenso aufmarschierte wie die Musikkapelle der Floridsdorfer Zentralwerkstätte der ÖBB. Es ist jener Tag, an dem Österreich viel deutlicher für einen EU-Beitritt gestimmt hat, als das in all den Monaten zuvor erwartet wurde. Der Tag, an dem der Ballhausplatz voller blau-gelben Fahnen ist. An dem tausende Menschen der Bundesregierung zujubeln, die sich in seltener Eintracht am Balkon des Kanzleramtes zeigt.

Und es ist der größte Tag in der politischen Karriere von Brigitte Ederer, die heute über den Tag des Referendums sagt: »Zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben bin ich einen Meter über dem Boden gegangen.«

Brigitte Ederer ist als Tochter einer alleinerziehenden Mutter im Wiener Arbeiterbezirk Floridsdorf aufgewachsen. Als sie auf die Welt kommt, gibt es schon einen 7-jährigen Bruder, dessen Vater allerdings schon lange tot ist. Ihrem eigenen Vater ist Ederer nur durch Zufall begegnet, und nur ein einziges Mal.

»Als er gehört hat, dass meine Mutter schwanger ist, hat er sich vertschüsst. Ich kenne meinen Vater daher nicht. Ich habe ihn nur einmal gesehen: Da waren wir mit der Mutti im Prater und haben einen Mann getroffen, der mir – was ich damals sehr nett gefunden habe – fünf Schilling gegeben hat, damit ich mit dem Ringelspiel fahren kann. Als ich meine Mutter gefragt habe, wer das war, hat sie gesagt: ›Dein Vater‹. Da war ich sechs oder sieben Jahre alt. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich habe ihn nur dieses einzige Mal gesehen.«

Hatten Sie nie Sehnsucht danach, Ihren Vater zu treffen?

»Als ich die Matura gemacht habe, hat er mich angerufen und gesagt, dass er mich gerne kennenlernen möchte, aber das wollte ich n