Er wusste nicht, wie lange er schon wach lag. Mit geschlossenen Augen versuchte er, seinen Atem dem Ticken des Weckers anzupassen, um ruhiger zu werden. Neben sich hörte er die regelmäßigen Atemzüge seiner Frau, und er begann, sie um ihren Schlaf zu beneiden. Er zog sich das Betttuch vom Körper, Schweiß hatte sich auf seinem Brustbein gesammelt. Durch das geöffnete Schlafzimmerfenster drang die kühle Luft einer windstillen Frühlingsnacht. Der nahe Wald sandte Feuchte aus, aus der Ferne waren die Geräusche der Stadt zu hören.
Schließlich öffnete er die Augen und überließ sich seinen Gedanken, die in immer neuen quälenden Kreisen vergeblich versuchten, ein keimendes Unbehagen zu unterdrücken. Und obwohl er wusste, dass es zu nichts führen würde, ging er das Ganze noch einmal durch. Was drohte ihm jetzt eigentlich? Waren seine Ängste nicht haltlos übertrieben? Das schlimmste Szenario war doch folgendes: Ein Gericht würde die weitere Veröffentlichung seines soeben erschienenen Romans per einstweiliger Verfügung verbieten. Dann würde er halt mit offenen Karten spielen, seinen Fehler zugeben, die falsche Anschuldigung öffentlich aus der Welt räumen und den Ruf des Mannes, den er grundlos in den Dreck gezogen hatte, wiederherstellen. Aber würde das ausreichen? Könnten die Kläger den Verlag am Ende zwingen, die gesamte Auflage einzustampfen? Er nahm sich vor, gleich am nächsten Morgen seinen Verleger anzurufen, um ihm seinen fatalen Irrtum mitzuteilen und sich gemeinsam mit ihm auf das Kommende einzustellen. Der Name des Mannes, dem er in seinem Roman eine brutale Gewalttat an einem Kind untergeschoben hatte, kam nur in einer Szene vor, man könnte ihn zur Not mit ein paar Schwärzungen tilgen. Die Auflage war zwar hoch, weil der Verlag auf seine Popularität als Talkshow-Moderator gesetzt hatte. Aber ein paar Studenten könnten eine solche Tilgungsarbeit in einigen Tagen erledigen.
Er wälzte sich auf die Seite und atmete mehrmals tief ein und aus. Lassen Sie Ihre Gedanken ziehen, h