: Georges Bataille
: Rita Bischof
: Hegel, der Mensch und die Geschichte
: Matthes& Seitz Berlin Verlag
: 9783957575036
: 1
: CHF 12.60
:
: Deutscher Idealismus, 19. Jahrhundert
: German
: 331
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Georges Batailles hier erstmals auf Deutsch vorliegende Essays zu Hegel sind nur der sichtbare Teil einer lebenslangen, oft unterschwelligen Beschäftigung mit dessen Philosophie. Es sind Bruchstücke eines ununterbrochenen Dialogs, denn Hegel war einer von Batailles ständigen philosophischen Wegbegleitern, ohne den sich sein Denken nur bedingt verstehen lässt. Noch ein Jahr vor seinem Tod schreibt er an Alexandre Kojève, dass er etwas der Introduction à la lecture de Hegel Vergleichbares schaffen möchte, 'aber das müsste unendlich willkürlicher sein und hauptsächlich auf dem Bestreben beruhen, das zu interpretieren, was Hegel nicht gewusst oder unbeachtet gelassen hat (so die Vorgeschichte, die Gegenwart, die Zukunft etc.).'

Georges Bataille, 1897 in Billom, Puy-de-Dôme geboren, war von 1922 bis 1942 als Bibliothekar an der Bibliothèque Nationale tätig, in der er Walter Benjamins Manuskripte versteckte und so vor der Vernichtung rettete. Von den Surrealisten, wie auch von Kojève beeinflusst, verfasste er ein in seiner Bandbreite einmaliges Werk. Er starb 1962 in Paris. Ein großer Teil seines Werks ist bei Matthes& Seitz Berlin erschienen, zuletzt Die innere Erfahrung. Rita Bischof, 1948 in Fulda geboren, studierte Philosophie, Soziologie und Literaturwissenschaften in Frankfurt und Berlin und lehrte und forschte in Paris und Florenz. Sie veröffentlichte Schriften zu Walter Benjamin und Georges Bataille. Zuletzt erschienen: Nadja revisited (Brinkmann& Bose, 2013)

Kritik der Grundlagen der Hegel’schen Dialektik1


Die marxistische Auffassung der Dialektik ist oft angefochten worden. Zuletzt hat Max Eastman sie als eine Form des religiösen Denkens charakterisiert. Allerdings war die marxistische Dialektik bislang immer nur Gegenstand einer negativen Kritik2, und jene, die sie kritisierten, haben sich wie simple Abrissarbeiter aufgeführt. Sie wollten nicht sehen, dass sie einem Körper das Blut entziehen, wenn sie der Ideologie des Proletariats die dialektische Methode nehmen, und sie gingen darüber hinweg, weil die Hegel’sche Philosophie, unter welcher Form auch immer, mit ihren gewöhnlichen Vorstellungen nicht zu vereinbaren ist. Daher wurde die marxistische Dialektik im Allgemeinen auf dieselbe Weise behandelt wie auch die Hegel’sche Dialektik, nämlich mit Widerwillen zurückgewiesen.

Mit Nicolai Hartmann3, bei dem man die Elemente einer wirklichen positiven Kritik finden kann, beginnt jedoch eine neue Weise, die Hegel’sche Dialektik zu verstehen. Die Hinweise, die von diesem deutschen Professor in einem Artikel derRevue de métaphysique et de morale4 gegeben werden, sprechen für sich: Sie drücken in kurzer Form eine Richtung aus, die unseres Erachtens von größtem Interesse für marxistische Studien ist. N. Hartmann hat es sich zur Aufgabe gemacht, nacheinander die verschiedenen, in der Hegel’schen Philosophie entfalteten dialektischen Themen zu untersuchen und sie sowohl hinsichtlich ihrer Grundlage als auch ihrer Form zu vergleichen. Er unterscheidet zwischen solchen, die in der Wirklichkeit begründet und durchErfahrung gerechtfertigt sind, und anderen, die nur eine rhetorische Bedeutung besitzen. Als Beispiel der Letzteren führt er das berühmte Thema von Sein und Nichtsein an. »Im Laufe einer solchen Untersuchung«, sagt Hartmann, »setzt sich die Hegel’scheLogik auf schwerwiegende Weise dem Verdacht aus, im Wesentlichen nur in einer Dialektik zu bestehen, die in keiner Realität begründet ist. Das gilt noch viel mehr«, fügt er hinzu, »für dieNaturphilosophie (eine Evidenz, die in diesem Bereich allerdings nicht neu ist und die man bereits von ihren Ergebnissen her kennt).«5

Der grundlegende Unterschied zwischen der Kritik Hartmanns und der marxistischen Kritik manifes