Teneriffa
Dieses Mal hatten wir auf Teneriffa Glück mit dem Wetter. Jeden Tag schien die Sonne, und gleich nach dem Frühstück saßen wir am Ufer und beobachteten, wie schnell die Finnen rot wurden. Auch Engländer wurden schnell rot, doch bei ihnen stach es nicht so ins Auge, weil sie in der Regel viele Tattoos hatten. Manche hatten sich die Symbole ihrer Heimat eintätowieren lassen und trugen die britische Flagge und die Königin auf ihrer Schulter. Andere hatten lange Texte auf dem Rücken, damit ihre Frauen und Kinder unterwegs immer etwas zu lesen hatten.
Urlaub auf Teneriffa bietet eine besondere Art der Langeweile. Die Tage vergehen hier wie im Flug, Frühstück, Kaffee und Abendessen werden zu den wichtigsten Erlebnissen des Tages, und täglich grüßt der Hoteldirektor im roten Anzug bei seinem morgendlichen Spaziergang durch die Anlage.
Die meisten Restaurants in unserem Ort trugen pathetische Namen, die auf eine imperiale Vergangenheit deuteten, und lockten mit ausgefallenen Spezialitäten. DasBritish Empire bot »heißes schottisches Ei in indischer Curry-Hülle« an, dasImperial Tai-Pan kochte pan-asiatisch: japanische Teigtaschen mit chinesischer Füllung und thailändischen S0ßen. Nur das deutsche Wirtshaus hatte keine imperialen Ansprüche und warb bescheiden mit einer großen weißen Wurst aus Plastik, die vor der Tür im Wind flatterte wie ein Segel ohne Schiff.
ImBritish Empire sprachen alle Mitarbeiter gut Russisch, sie kamen aus Litauen. Meine Frau hatte lange in dieser ehemaligen sowjetischen Republik gelebt, und wir haben einander gut verstanden. Beim ItalienerDas alte Rom arbeiteten Kubaner, und in dem asiatischen Restaurant haben wir eine exotische Migrantengruppe – Mongolen – kennengelernt. Auch sie konnten noch Russisch.
Abends lockten die Lokale mit Livemusik. Die meisten Sänger kamen von weit her, sangen aber nicht viel besser als die Touristen. Überhaupt war diese spanische Insel ein erstaunlich klares Abbild unserer Realität: Alle Menschen um uns herum waren geflüchtet – entweder vor dem schlechten Wetter oder weil sie mit ihren Heimatländern grundsätzlich unzufrieden waren. Alle suchten ihr Glück anderswo. Die einen fuhren weg, um sich von den Strapazen des Festlandes zu erholen, und die anderen, um etwas zu verdienen oder um zu überleben. Abends saßen sie vor den Lokalen in der untergehenden Sonne und gaben zusammen im Chor einen kollektiven Frank Sinatra ab: »I did it my waaa-y!«, schmetterten sie, alle kannten den Text. Jeden Samstag kamen neue Musiker und neue Touristen, nur das Meer und die Wellen blieben die gleichen wie vor hundert Jahren.
Olga und ich beobachteten, wie unterschiedlich sich die Einwohner der Vereinigten Staaten von Europa anzogen, wenn sie an den Strand gingen. Die Kinder des Südens trugen modische Badeanzüge, die Frauen hatten Badetaschen und Hüte, manche schleppten sogar Sonnenschirme mit, sie gönnten sich ihren eigenen tragbaren Schatten. Ihre Männer hatten bunte Hemden und Sonnenbrillen. Bei den Kindern des Nordens ließ es sich nicht imme