: Matt Haig
: Wie man die Zeit anhält Roman
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423433846
: 2
: CHF 8,90
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wenn Liebe die Zeit besiegt Seit kurzem lebt Tom Hazard wieder in London, wo er die faszinierende Camille kennenlernt. Auf Anhieb fu?hlt er sich zu ihr hingezogen. Doch er trägt ein Geheimnis in sich, von dem niemand etwas wissen darf: Tom sieht aus wie 40, in Wirklichkeit aber ist er schon u?ber 400 Jahre alt. Er hat die Elisabethanische Ära in England, die Expeditionen von Captain Cook in der Su?dsee, das Paris der 20er-Jahre erlebt und regelmäßig eine neue Identität angenommen. Eins war er dabei u?ber die Jahrhunderte hinweg immer: einsam. Während er Camille nun näherkommt, verändert sich fu?r ihn alles.  

Matt Haig wurde 1975 in Sheffield geboren und hat bereits eine Reihe von Romanen und Kinderbüchern veröffentlicht, die mit verschiedenen literarischen Preisen ausgezeichnet und in über 30 Sprachen übersetzt wurden. In Deutschland bekannt wurde er mit dem Bestseller>Ich und die Menschen<.  

Los Angeles
vor zwei Wochen


Hendrich war wieder in Los Angeles. Er hatte zuletzt in den1920er Jahren dort gelebt und ging davon aus, dass er sich sicher fühlen konnte, weil niemand mehr da war, der sich an ihn erinnert hätte. Er bewohnte ein großes Anwesen in Brentwood, das zugleich derAlbatros-Gesellschaft als Hauptquartier diente. Brentwood war genau der richtige Ort für ihn. Eine nach Geranien duftende Idylle mit großen Villen hinter hohen Zäunen, Mauern und Hecken, wo es keine Fußgänger gab und alles, selbst die Bäume, von solcher Perfektion war, dass es fast steril wirkte.

Ich erschrak, als ich Hendrich sah, der auf einer Sonnenliege an einem großen Pool lag, seinen Laptop auf dem Schoß. Seit ich ihn kannte, hatte Hendrich mehr oder weniger gleich ausgesehen, aber diesmal war die Veränderung drastisch. Er wirktejünger. Immer noch alt und verknöchert, aber irgendwie glatter als seit hundert Jahren.

»Hallo, Hendrich«, begrüßte ich ihn. »Du siehst gut aus.«

Er nickte, als wäre ihm die Information nicht neu. »Botox. Und ein Stirnlifting.«

Er machte keine Witze. In seinem jetzigen Leben war er Schönheitschirurg im Ruhestand, aus Miami nach Los Angeles übergesiedelt, als er sich zur Ruhe gesetzt hatte. Was erklärte, warum er keine früheren Patienten vor Ort hatte. Hier hieß er Harry Silverman. (»Silverman. Guter Name, nicht? Wie ein alternder Superheld. Sehr passend.«)

Ich setzte mich auf die Liege neben seiner. Eine Hausangestellte namens Rosella brachte uns zwei Smoothies in der Farbe des Sonnenuntergangs. Ich musterte seine Hände. Sie wirkten alt. Leberflecken und schlaffe Haut und dunkelblaue Adern. Gesichter konnten besser lügen als Hände.

»Sanddorn. Der letzte Schrei. Schmeckt zum Reihern. Probier mal.«

Das Beeindruckende an Hendrich war, dass er immer vollkommen im Zeitgeist aufging. Ich glaube, das tat er seit jeher. Auf jeden Fall seit den1890ern. Und wahrscheinlich auch schon vor Jahrhunderten, als er in Tulpenzwiebeln investierte. Es war seltsam. Er war älter als wir alle, und doch hatte er immer den Finger am Puls der jeweiligen Zeit.

»Die Sache ist die«, erklärte er, »um in Kalifornien auszusehen, als würdest du altern, musst du aussehen, als würdest du immer jünger werden. Wenn du jenseits der vierzig noch die Augenbrauen bewegen kannst, werden die Leute misstrauisch.«

Er erzählte, er habe ein paar Jahre in Santa Barbara gewohnt, aber dort sei ihm langweilig geworden. »Santa Barbara ist nett. Das Paradies auf Erden, nur mit mehr Verkehr. Aber im Paradies ist nichts los. Ich hatte ein Haus in den Hügeln. Habe jeden Abend Wein aus der Region getrunken. Und drehte langsam durch. Kriegte Panikattacken. Ich bin seit über siebenhundert Jahren auf der Welt und hatte noch nie eine Panikattacke gehabt. Ich habe Kriege und Revolutionen erlebt. Nie Pro