Einleitung
Was, wenn die Kinder, um die wir uns am meisten Sorgen machen, die mit dem vielversprechendsten Potenzial wären? Was, wenn die Jugendlichen, deren Leben von Rebellion und Problemen gezeichnet ist, die mit der leuchtendsten und kreativsten Zukunft wären? Was, wenn scheinbar kummervolle und problematische Kindheiten unter ermutigenden und unterstützenden Bedingungen Erwachsene hervorbrächten, die nicht nur ein normales Leben und passable Leistungen, sondern tiefe, reiche Beziehungen und inspirierte Ergebnisse zuwege brächten? Was, wenn die sehr echte Belastung der ungewöhnlichen Zerbrechlichkeit eines Kindes in fassbare Vorteile menschlicher Resilienz umgewandelt werden könnte, sofern man einfühlsam auf das Kind eingeht? Was, wenn, kurz gesagt, die offensichtlichen Schwächen und Irrungen im jungen Leben einiger Menschen durch die Alchemie von sorgenden Familien oder Gemeinschaften und durch transformative Pflege getilgt werden könnten?
Dieses Buch handelt von genau solchen überraschenden Erlösungen. Es ist das Ergebnis aus der Forschung über kindliche Entwicklung und aus einer beinahe ein Menschenleben langen sorgfältigen Beobachtung von einem einst jungen Kinderarzt, der aufgrund von Segen und Glück Vater, Großvater und schließlich ein grauhaariger, gut durchgezogener Berater für Kinder und Familien wurde. Die Geschichte, die sich zugleich wissenschaftlich und persönlich präsentiert, ist mein Geschenk der Ermutigung und Hoffnung an alle, die Kinder unterrichten, schützen, versorgen, erziehen oder sich um sie sorgen, aber auch an jene, die seit ihrer Kindheit angestrengt nach dem Grund ihrer eigenen Mühsal mit menschlichen Unterschieden suchen. Sollte Ihr Leben in gewisser Weise meinem gleichen, so haben Sie sich unaufhörlich Sorgen um das Wohlergehen Ihrer Kinder und um deren Zukunft gemacht und viel darüber nachgedacht, inwiefern ihr Streben und ihre Prüfungen möglicherweise auf die Ihren zurückgehen könnten. Sie waren sicher aus dem Häuschen angesichts ihrer Triumphe und Leistungen, lebten für ihre Zuneigung, waren stolz auf das, was sie geschafft haben, grübelten aber weiterhin über ihre Probleme und Sorgen.
Als unsere Schwiegertochter mit unserem ersten Enkel schwanger war, wurden meine Frau Jill und ich eines Nachts vom schrillen Klingeln des Telefons am Nachttisch aus dem Tiefschlaf gerissen. Unser Sohn rief aus fast 5000 Kilometer Entfernung aus Brooklyn, New York, an. Seine geliebte junge Frau, die beinahe am Ende des zweiten Schwangerschaftstrimesters war, konnte wegen wiederkehrender starker stechender Schmerzen in Leiste und Becken nicht schlafen. Die beiden waren beunruhigt, insbesondere, da Babys und Schwangerschaften ja Neuland für sie waren. Nachdem wir uns den Schlaf aus den Augen gerieben hatten, widmeten Jill (Krankenschwester) und ich uns einer etwas vernebelten, aber einigermaßen vorsichtigen Anamnese dieser Schmerzen. Wir versuchten mehr über deren Sitz, Charakter und möglichen Grund herauszufinden.
Unsere Hauptsorge, die wir aber für uns behielten, war, dass der Schmerz eine frühe Wehentätigkeit und somit eine vorzeitige Geburt in der 33. Schwangerschaftswoche mit allen dazugehörigen Risiken für Mutter und Kind ankündigen könnte. Als wir jedoch Genaueres erfuhren, waren wir recht zuversichtlich, dass es sich um eine Überbelastung eines Muskels handelte, die wohl darauf zurückzuführen war, dass eine zierliche Frau mit einem überdimensionierten Bauch sich zu abrupt im Bett umdrehte. Wir beruhigten das junge Paar, dass der Schmerz wahrscheinlich von selbst verschwinden würde und dass ein Wärmekissen und Bettruhe sicher dabei helfen würden. Im Anschluss an das Telefonat drehte ich mich zu Jill um und bemerkte erschöpft, dass es zwar wirklich wunderbar sei, dass unsere beiden Kinder Partner gefunden und ihre eigenen Familien gegründet hätten, dies jedoch auch den unvorhergesehenen Nebeneffekt habe, dass wir uns nun um doppelt so viele Menschen Sorgen und Gedanken mache