I.
Die Kultur mit der Gesellschaft konfrontieren
Die Frage des Verhältnisses von Kultur und Politik, der gesellschaftlichen Einmischung oder auch der Aufgabe des Intellektuellen lässt die Philosophie, die Theorie und die Sozialwissenschaften nicht los. Es gibt keine Denktradition, Schule oder Lehre, die nicht zu irgendeinem Zeitpunkt gezwungen gewesen wäre, zu dieser Debatte Stellung zu beziehen und das eigene Verständnis von Theorie und Wissen sowie von der Verantwortung des Autors darzulegen; zweifellos deshalb, weil man sich als Wissenschaftler oder Intellektueller nicht der notwendigen Auseinandersetzung mit dem Problem entziehen kann, worin der eigene Nutzen besteht und wie er zu bestimmen ist – und sei es mitunter auch nur, um die Relevanz solcher Fragen zurückzuweisen.
Die Ergründung des Verhältnisses geistiger Tätigkeit zur Welt ist keine Frage unter anderen. Sie ist irritierend und unbequem, denn implizit oder explizit führt sie immer dazu, dass wir uns einem Problem stellen müssen, mit dem wir uns – sei es als Leser oder als Autor – lieber nicht befassen würden: dem Problem des Werts und der Bedeutung der Tätigkeit, der wir unser Leben widmen. Es nötigt uns, Distanz zu uns selbst einzunehmen und unser spontanes Einverständnis mit der eigenen Existenz aufzugeben, um uns zu fragen: Wozu ist das, was wir tun, eigentlich gut? Wozu ist das, was ich tue, gut? Warum schreiben? Warum publizieren? Welchen Sinn hat diese Praxis? Wozu Kolloquien, Veranstaltungen, Bücher? Welche Dispositive oder Normen stützen die Bedeutung der von uns praktizierten Wissenschaft, Literatur oder Kunst? Und vor allem: Wie lässt sich das Verfassen theoretischer Literatur mit oppositioneller Praxis in Einklang bringen? Man kann unmöglich Autor, Intellektueller, Wissenschaftler, ja überhaupt Produzent symbolischer Güter sein, ohne von solchen Fragen umgetrieben zu werden und eine gewisse Angst vor den Ansprüchen zu spüren, die sie a