: Robert Misik
: Liebe in Zeiten des Kapitalismus
: Christian Brandstätter Verlag
: 9783710602573
: 1
: CHF 7.20
:
: Sozialwissenschaften allgemein
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie funktioniert die Liebe in Zeiten des Kapitalismus? Warum sehnen wir uns nach Sicherheit? Was wird uns die Zukunft bringen? An welchen Gott wollen wir noch glauben? Warum finden wir Geiz geil? Was bedeutet uns Freiheit? Welche Konsequenzen hat Digitalisierung, Automatisierung und Robotisierung? Robert Misik, der renommierte Sachbuchautor, macht sich Gedanken zu unserer Gegenwart. Anhand zehn exemplarischer Begriffe, die Zeitgeist und Verfasstheit unserer Gesellschaft treffend skizzieren, geht er der Frage nach, welchen Paradigmen wir unsere Leben unterwerfen.

Robert Misik ist Publizist, Autor und vielgebuchter Redner. Er veröffentlicht etwa in der taz und in der Zeit, sowie für die in Österreich erscheinenden Zeitschriften profil und Falter. Für die Tageszeitung Der Standard betreibt er einen Videoblog, war im Rahmen der Wiener Festwochen als Dramaturg tätig und kommentiert als Podiumsgast in zahlreichen TV-Sendungen vor allem Innen- und Europapolitik. Als Sachbuchautor, etwa des Bestsellers Genial dagegen, publizierte er bisher u.a. bei Aufbau.

#ANGST #UNSICHERHEIT


Wir haben nichts zu fürchten, außer, dass man uns unsere Angst ansieht. Dauernd ist von ihr die Rede, aber wirklich gesprochen darf über sie nicht werden. Sie ist stets die Angst der Anderen. Wir dürfen sie immer analysieren, aber dabei nie von uns sprechen. Die Angst ist ein eigentümliches Ding. Und nicht zuletzt ist sie ein peinliches Gefühl. Wir leben in einer Erfolgsgesellschaft, die sich zuvorderst dadurch auszeichnet, dass man den Erfolg ausstellen muss: Du musst optimistisch erscheinen, voller Tatendrang, jeder muss Dir ansehen, welch toller Hecht Du bist. Wo niemand über seine eigene Angst redet, sondern allenfalls über die Angst als gesellschaftliches Phänomen, bleibt das schiere Ausmaß der Angst wahrscheinlich sogar unsichtbar. Die Angst davor, dass die Waschmaschine kaputt geht und man sich keine neue mehr leisten kann. Die Angst vor der Steuernachzahlung. Die Angst vor der Mahnung der Sozialversicherungsanstalt. Die Angst, dass irgendeiner schneller, billiger, jünger, besser ist als Du. Die Angst, dass Du aus Deiner Wohnung fliegst, dass Dein befristeter Mietvertrag nicht mehr verlängert wird, oder die Miete böse nach oben schnalzt. Denn heute hat ja praktisch jeder nur mehr einen befristeten Mietvertrag. Das ist weit mehr als ein Phänomen des zeitgenössischen Immobilienmarktes, die Befristetheit ist gewissermaßen ein allgemeines Signum der Gegenwart. Man kann auf nichts mehr langfristig bauen, nichts mehr planen, an allen Ecken kann stets das Unvorhergesehene ins Leben einbrechen. Vom befristeten Mietvertrag über den befristeten Arbeitsvertrag bis zur immer schon im Kopf potentiell befristeten Lebensabschnittspartnerschaft: Alles ist per se befriste