: Peter Rosei
: Karst
: Residenz Verlag
: 9783701745678
: 1
: CHF 14.40
:
: Erzählende Literatur
: German
: 188
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jana, ehrgeizige Tochter eines abgewirtschafteten Hoteliers aus der slowakischen Tatra, hat nichts als ihre Schönheit, um ihre Träume von einem besseren, aufregenderen Leben im reichen Westen zu verwirklichen. Sie begegnet dem Profiteur Gstettner, der von Wien aus seinen trüben Geschäften nachgeht - ob gefälschte Designermode oder verzweifelte Flüchtlinge, Gstettner handelt mit allem. Tone Kral, der Bauernsohn aus dem slowenischen Karst, der sich als Kellner und Gigolo durchschlägt, und der gealterte Wiener Theaterkritiker Kalman komplettieren das Quartett lebenshungriger Existenzen, die in der Grauzone zwischen alter und neuer politischer Ordnung versuchen, sich durchzulavieren.

Peter Rosei, geboren 1946 in Wien. 1968 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien und auf Reisen. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u. a. Franz-Kafka- Preis 1993, Anton-Wildgans-Preis 1999, Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2007 und Groses Ehrenzeichen fur Verdienste um die Republik Österreich 2016. Zuletzt erschienen: 'Das große Töten' (2009), 'Geld!' (2011), 'Madame Stern' (2013), 'Die Globalisten' (2014), 'Wien Metropolis' (Neuauflage 2016), 'Die Wiener Dateien' (5 Bande im Schuber, 2016).

I


Wer kennt die Hohe Tatra nicht? Im Osten, an der Grenze zwischen Polen und der Slowakei gelegen, wird sie gern als kleinstes Hochgebirge der Welt bezeichnet. Niedrig ist sie dabei keineswegs. Das ganze Massiv ist allerdings bloß an die fünfzig Kilometer lang, also bald mit einem Blick zu überschauen. Anders als etwa bei den Alpen gibt es keinerlei Vorberge, unvermittelt erheben sich die Gipfel aus der Ebene. Kahle Felspyramiden, bloß am Fuß von Wäldern und Wiesen eingefasst, erinnern sie an Zeichnungen von Kinderhand: Gerade so, Zack neben Zack, stellen Kinder sich für gewöhnlich ein Gebirge vor.

Unwahrscheinlicher Anblick der blauen und grünen Waldungen, die vor Ruhe und Frieden rauchen, der kahlen, zerrissenen Almgründe, der blanken, von der Sonne überstrahlten Felsen.

Die Kleinstadt Poprad, in der Ebene draußen gelegen, ist Verwaltungsmittelpunkt hier, Sitz der Schulen und Behörden. Am Rand der Berge zieht sich lose eine Kette von Dörfern hin, von Kurorten, früher der Sommerfrische, heute auch und vor allem dem Wintersport gewidmet: Sie sind durch eine Art von Lokalbahn miteinander verbunden.

Nicht nur die Existenz dieser seltsam unzeitgemäß wirkenden Bahn, auch viele andere Kleinigkeiten deuten auf den Ursprung all dieser Einrichtungen in einer längst verflossenen Ära hin, der Zeit der Monarchie, des ehemaligen Kaiserreichs. Freilich hat die mittlerweile vergangene Zeit mit ihren Kriegen, Revolutionen und Umbrüchen die alten Zusammenhänge vielfach zerstört, manches wurde