Heterogenität und Bildungsmedien Heterogeneity and Educational Media
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Bente Aamotsbakken, Eva Matthes, Sylvia Schütze
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Heterogenität und Bildungsmedien Heterogeneity and Educational Media
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Verlag Julius Klinkhardt
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9783781555983
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Beiträge zur historischen und systematischen Schulbuch- und Bildungsmedienforschung
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1
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CHF 24.20
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Bildungswesen
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German
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370
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Das Thema"Heterogenität und Bildungsmedien" ist bisher in der Forschung weitestgehend unbeachtet geblieben. Demgegenüber führt die hier vorliegende Publikation nachdrücklich vor Augen, wie unverzichtbar es ist, bei einer gründlichen Behandlung der Thematik Heterogenität und Unterricht die Bildungsmedien als seine zentralen Steuerungselemente genau in den Blick zu nehmen.
Die Beiträge stellen in historischer und aktueller Perspektive die Frage, inwiefern Bildungsmedien - analoge wie digitale - den Umgang mit Heterogenität erleichtern bzw. unterstützen können:
- einerseits methodisch, vor allem im Sinne der inneren Differenzierung/Binnendiffere zierung von Unterricht bzw. der Adaptierbarkeit der Bildungsmedien an individuelle Lernvoraussetzungen und -bedürfnisse;
- andererseits auf der inhaltichen Ebene: indem Heterogenes thematisiert wird, also die Perspektiven verschiedener Geschlechter eingenommnen, unterschiedliche Religionen, Kulturen und soziale Lagen wertschätzend und problembewusst beschrieben und unterschiedliche Lebensweisen, Berufe, Lebensalter etc. thematisiert werden.
Dieser Band hilft somit eine Forschungslücke zu schließen.
Werner Wiater
Die Individualisierung des Unterrichts als Lösung des Heterogenitätsproblems?!
Vom Lernen „à la carte“ zum digitalen Lernen (S. 39-40)
Abstract
For about ten years, school pedagogy has been trying to solve the problem of the students’ increasing heterogeneity by individualizing the contents, methods, and media in schools. The following two examples illustrate this: on the one hand, Open Instruction with learning bars and buffets, and, on the other, personalized learning in the new American AltSchools, supporting the pupils with digital learning material, tailored on their needs. Both examples are subjected to critical examination. Seit in den 1980er-Jahren die deutsche Schulpädagogik Unterrichtsverfahren der Reformpädagogik für sich wiederentdeckte, ist der Offene Unterricht in allen Schulformen, Schulstufen und Schulfächern zum didaktischen Ort für Differenzierungs- und Individualisierungsmaßnahmen im Unterricht geworden. Mit der Digitalisierung des Lernens und Unterrichtens, die seit fünf Jahren verstärkt diskutiert wird, haben sich zusätzliche, neue Möglichkeiten der Individualisierung beim Lernen ergeben. Auf beides wird im Folgenden kritisch eingegangen.
1. Der Offene Unterricht – eine geeignete Lernform für heterogene Lerngruppen und individualisierten Unterricht
Offener Unterricht ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Bereiche, in denen Schule und Unterricht sich öffnen können. 1992 schon definierte W. Wallrabenstein: „Offener Unterricht ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Reformansätze in vielfältigen Formen inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Öffnung mit dem Ziel eines veränderten Umgangs mit dem Kind auf der Grundlage eines veränderten Lernbegriffs.“ (Wallrabenstein 1992, S. 54; vgl. auch Peschel 2006) Hinzuzufügen wäre noch eine pädagogische Öffnung seitens der Lehrkräfte. Konkret bedeutet diese Öffnung des Unterrichts
(1) in inhaltlicher Hinsicht, dass grundsätzlich alle Inhalte des persönlichen, öffentlichen und wissenschaftlichen Bereichs didaktisch qualifizierbar sind und im Unterricht behandelt werden können, d.h. nicht nur die im Lehrplan vorgesehenen und auch nicht nur die vom Lehrer/von der Lehrerin vorgeschlagenen;
(2) in methodischer Hinsicht, dass die Unterrichtsmethoden permanent weiterentwickelt und neu ausgearbeitete Methoden im Unterricht berücksichtigt werden sollen, wobei der Schwerpunkt dabei auf Methoden der Selbsttätigkeit, des handelnden Umgangs mit den Lerninhalten, der Schülerkreativität und der Schülermotivierung liegt;
(3) in organisatorischer Hinsicht, dass „nach innen“ die Unterrichtsfächer sich nicht länger gegeneinander abschotten, der 45-Minuten-Takt aufgehoben und der Unterricht rhythmisiert wird, Lehrkräfte in Teams arbeiten, der Klassenraum ein Lernund Lebensraum wird u.v.m. und dass „nach außen“ der Unterricht Eltern und außerschulische Experten einbezieht, dass er kooperativ mit anderen Schulen und Schulformen durchgeführt wird (z.B. Regelschule – Förderschule), dass ein Lehreraustausch zwischen den Schulformen und im Kindergarten mit den Erzieherinnen und Erziehern geschieht u.v.m.;
(4) in pädagogischer Hinsicht, dass der Unterricht den veränderten Lern- und Lebensbedingungen der Kinder und Jugendlichen Rechnung trägt und ihm ein Bild vom individuell und systemisch-konstruktivistisch Lernenden zugrunde liegt, der außer auf Erziehung und Bildung auch ein Recht auf Förderung und Beratung hat; eine pädagogische Hinsicht ist es auch, dass Leistung begrifflich weit gefasst ist, d.h. nicht nur das Kognitive und Pragmatische, sondern auch das Emotionale, das Soziale, das Kommunikative, die Selbstkompetenz und die Lern- und Arbeitstechniken umfasst (vgl. Wiater 2015, S. 106ff.).
Offener Unterricht ist demnach ein Unterricht, der sich den Fragen und Interessen aller am Lehr-Lern-Prozess Beteiligten öffnet, der die Heterogenität und die Individualität der Lernenden didaktisch ernst nimmt, der durch aktivierende und handlungsorientierte Methoden Schülern und Schülerinnen zur Selbstständigkeit und Selbstverantwortung und damit zur Mündigkeit/Emanzipation verhelfen will und der die Lehrkraft in einer Doppelrolle sieht, nämlich als Planer und Organisator der Lernaufgaben und als Lernberater und Lernhelfer während der lernaktiven Tätigkeit der Schülerinnen und Schüler. Unter dem Gesichtspunkt der Unterrichtsplanung betrachtet, handelt es sich beim Offenen Unterricht um eine indirekte Steuerung des Lehr-Lern-Prozesses durch die Lehrkraft. Diese plant den Unterricht durch die Auswahl von Materialien zu bestimmten Teilaspekten eines Unterrichtsthemas und verbindet mit diesen differenzierte Arbeitsaufträge für die Schüler und Schülerinnen, d.h., sie konstruiert eine multimediale, multisensorische und multiperspektivische Lernumgebung. Der Begriff Lernumgebung, der sich in den letzten zehn Jahren etabliert hat, meint ein planvoll gestaltetes Arrangement von – in der Form von geeigneten Selbstlernmaterialien für Schüler und Schülerinnen aufbereiteten – Lerninhalten, die Teilaspekte eines größeren schulfachbezogenen oder fächerübergreifenden Sachzusammenhangs sind und die differenziert (z.B. nach Vorkenntnissen der Schüler und Schülerinnen, nach Schwierigkeitsgraden, nach Bearbeitungszeit, nach verschiedenen Lernweisen, nach der Lernfähigkeit der Schüler und Schülerinnen oder nach deren Interessen), mit unterschiedlichen Medien repräsentiert und möglichst lebensnah-anwendungsbezogen ausgearbeitet sind.
Bente Aamotsbakken, Eva Matthes, Sylvia Schütze (Hrsg./Eds.): Heterogenität und Bildungsmedien Heterogeneity and Educational Media
1
Titelei
4
Impressum
5
Inhaltsverzeichnis / Contents
6
Eva Matthes / Sylvia Schütze: Heterogenität und Bildungsmedien. Einleitung
10
Literatur
23
Eva Matthes / Sylvia Schütze: Heterogeneity and Educational Media. Introduction
24
References
36
Heterogenität, Unterricht und Bildungsmedien: Grundsätzliche Überlegungen Heterogeneity, Teaching, and Educational Media: General Considerations
38
Werner Wiater: Die Individualisierung des Unterrichts als Lösung des Heterogenitätsproblems?! Vom Lernen „à la carte“ zum digitalen Lernen
40
1. Der Offene Unterricht – eine geeignete Lernform für heterogene Lerngruppen und individualisierten Unterricht
40
2. Lernen à la carte mit Lerntheken und Lernbüffets
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3. Digitalisiertes Lehren und Lernen – eine geeignete Lernform für heterogene Lerngruppen und individualisierten Unterricht
47
4. Schluss
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Literatur und Internetquellen
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Bea Herrmann: Vielfalt der Anforderungen
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1. Institutionelle Anforderungen
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2. Berücksichtigung von Heterogenität bei der Lehrwerksentwicklung
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3. Zur Unmöglichkeit pauschaler Lösungen: Unterschiedliche Produkttypen
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4. Ausblick
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Literatur und Internetquellen
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Luzius Meyer-Kurmann. Heterogenität als Herausforderung für Lehrmittelautorinnen und -autoren – ein Werkstattbericht
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1. Der Zertifikatslehrgang für die Gestaltung und Produktion von Lehrmitteln und Lernmaterialien
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2. Dimensionen der Heterogenität
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3. Heterogenität der Lernenden
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4. Lösungsansätze für Lehrmittelautorinnen und -autoren
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5. Ausblick
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Literatur und Internetquellen
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Bildungsmedien für eine sprachlich und kulturellheterogene Schülerschaft – historische Perspektiven Educational Media for Linguistically and Culturally Heterogeneous Classes – Historical Perspectives
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Anna Maria Harbig: Fibeln und moralische Lesebücher für die heterogene Schülerschaft der habsburgischen Volksschulen in der Spätaufklärung und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
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