Lernhabitus und Weiterbildung Determinanten des Weiterbildungsverhaltens von Lehrerinnen und Lehrern
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Frank Bernhard Behr
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Lernhabitus und Weiterbildung Determinanten des Weiterbildungsverhaltens von Lehrerinnen und Lehrern
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Verlag Julius Klinkhardt
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9783781555938
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Studien zur Professionsforschung und Lehrerbildung
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1
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CHF 30.50
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Erwachsenenbildung
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German
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306
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Dieser Band stellt die Ergebnisse einer interdisziplinären Querschnittstudie zu Determinanten der Lehrerfort- und -weiterbildung und des informellen Lernens von Lehrerinnen und Lehrern vor.
Varianzanalysen und binäre logistische Regressionen brachten den Befund, dass der Lernhabitus hypothesenkonform differenziell prädiktiv ist für das Weiterbildungsverhalten. Als Teil des Gesamthabitus steht mit dem Lernhabitus ein soziologisches Konzept für die Erklärung der Bedingungen des Weiterbildungsverhaltens zur Verfügung, das auf inkorporierten gesellschaftlichen Strukturen und sozial erworbenen Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsschemata gründet.
Mittels einer Two-Step Clusteranalyse, in der die Lernhabitusskalen als Klassifizierungsmerkmale für die Clusterbildung Anwendung fanden, konnten die Probanden der Stichprobe in sechs homogene und differente Cluster gruppiert werden, die jeweils unterschiedlichen Lernhabitus entsprechen. Mit der Berücksichtigung des Lernhabitus als Prädiktor konnte das Spektrum der Determinanten der Weiterbildung erweitert werden.
Signifikante Einflussfaktoren für die Weiterbildungspartizipation dieser Berufsgruppe sind wechselweise auch Geschlecht, Alter, Beschäftigungsumfang, Übernahme von Funktionen, Schulform, Berufserfahrung sowie Zufriedenheit mit dem Lehrerberuf.
Die vorgelegten Studienergebnisse bieten Ansatzpunkte für zukünftige Forschungstätigkeiten und haben im Hinblick auf eine habitussensible pädagogische Praxis wichtige Implikationen für die Lehrerbildung.
2 Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen (S. 19-20)
Obwohl Lernen und Bildung (berufstätiger) Erwachsener zentrale Forschungsfelder der Wissenschaft sdisziplin Erwachsenen- und Weiterbildung sind (Arnold, Faulstich, Mader, Nuissl& Schlutz, 2000), widmet sich dieser Bereich nur äußerst selten der Erforschung der Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Die Fort- und Weiterbildung von Lehrkräft en an allgemeinbildenden Schulen wird hauptsächlich von der Schulpädagogik und den verschiedenen Fachdidaktiken untersucht, häufi g im Rahmen der Professionalisierungsforschung. Von verschiedenen Seiten wird aber noch immer ein generelles Defi zit an empirischer Forschung zur Lehrerbildung reklamiert (vgl. u. a. Blömeke, 2014; Lipowsky, 2014; Rauin, 2014; Terhart, 2003). Da die Erwachsenenbildung und Weiterbildung als Wissenschaft und Praxis des Lernens von Erwachsenen verstanden wird (Fuhr, 2001; Kade, 2011; Iller, 2009), sind deren Th eorien und Forschungsbefunde auch für die Untersuchung des Weiterbildungsverhaltens von Lehrpersonen von besonderer Relevanz. Die vorliegende Arbeit zum Lernhabitus und Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen liegt demzufolge im Schnittpunkt der beiden erziehungswissenschaft lichen Subdisziplinen Erwachsenen bzw. Weiterbildung und Schulpädagogik. Insofern wird für die Darstellung des aktuellen Forschungsstands zur berufl ichen Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern auf Th eorien und Befunde sowohl aus dem Bereich der Erwachsenenund Weiterbildungsforschung als auch aus der Schulpädagogik bzw. Lehrerbildungsforschung zurückgegriffen.
Zunächst wird der Begriff der Weiterbildung diff erenziert und präzisiert (Kapitel 2.1), wobei vorrangig der Bereich der berufl ichen Weiterbildung fokussiert wird. Hinweise zur Weiterbildungsbeteiligung bzw. zur Quantifi zierung des Weiterbildungsverhalten runden diese Ausführungen ab. Danach werden in Kapitel 2.2 bildungspolitische Empfehlungen und Direktiven für die Weiterbildung im Lehrerberuf erläutert. Kapitel 2.3 beschreibt Charakteristika der formalen und informellen Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern. Hieran werden in Kapitel 2.4 Befunde empirischer Studien zur Weiterbildungsbeteiligung berichtet. Diese Darstellung erfolgt getrennt nach den beiden Gegenstandsbereichen: zuerst die Studienergebnisse der Weiterbildungsforschung, dann die Ergebnisse der Lehrerbildungsforschung zur formalen sowie informellen Weiterbildung. Anschließend werden empirische Befunde zu Hinderungs- bzw. Nicht-Teilnahmegründen vorgestellt (Kapitel 2.5). Da die Unterschiede in der Partizipation an Weiterbildung auf unterschiedliche Faktoren zugeführt werden können, wird in Kapitel 2.6 der Einfluss wichtiger Determinanten der Weiterbildungsbeteiligung auf Basis empirischer Studien kompakt erörtert. Eine Zusammenfassung, in der Konsequenzen für die Studie zum Lernhabitus und Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen abgeleitet werden, schließt dieses Kapitel ab (Kapitel 2.7).
2.1 Begriffliche Differenzierung der beruflichen Weiterbildung
Im Zusammenhang mit der beruflichen Weiterbildung wird immer wieder auf die generellen Schwierigkeiten bei der Begriff sbestimmung hingewiesen (z. B. Kuper, 2008). Erschwert wird dies auch dadurch, weil die Verfasstheit der Weiterbildung in Deutschland durch Unübersichtlichkeit, Vielfalt und Intransparenz gekennzeichnet ist (Baethge, Buss& Lanfer, 2003, S. 87; Dräger, 2001, S. 350). Je nach Kontext, Perspektive und Aufgabenverständnis lassen sich zahlreiche und jeweils partiell variierende Definitionen des Weiterbildungsbegriffs finden, jedoch keine generell akzeptierte Begriff sbestimmung. Unterschiede zeigen sich vor allem mit Blick in die Einführungsliteratur (u. a. Faulstich& Zeuner, 2008; Forneck& Wrana, 2005; Kade, Nittel& Seitter, 2007; Nuissl, 2000; Weisser, 2002; Wittpoth, 2006) oder in empirische Studien (z. B. Barz& Tippelt, 2004; Bilger et al., 2013; Bremer, 2007a; Schmidt, 2009). Die klassische Definition des Deutschen Bildungsrates im Strukturplan für das Bildungswesen von 1970 gilt als die bekannteste, meistzitierteste und lange Zeit als tragfähigste. In diesem von bildungspolitischen Überlegungen geprägten Gutachten wird Weiterbildung
als Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase bestimmt. … Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die volle Erwerbstätigkeit gekennzeichnet.
(S. 197)
Diese Explikation begrenzte Weiterbildung damals explizit auf formal-organisierte Weiterbildungsangebote für Erwachsene, die vornehmlich in Bildungseinrichtungen stattfinden. Hier findet Lernen in institutionell verorteten Bildungsveranstaltungen statt und führt zur Zertifizierung (Zeugnisse, Diplome, u. Ä.). Die Lernaktivitäten verlaufen größtenteils fremdgesteuert, denn das dort tätige professionelle pädagogische Personal organisiert, steuert, bewertet und zertifiziert die Lernprozesse der Lernenden. Einhergehend mit der „Ausweitung der Lernformen“ (Hof, 2009, S. 68) hin zum Lernen an unterschiedlichen Lernorten kam es seitdem zu einer zunehmenden Bedeutung und Berücksichtigung des informellen und selbst gesteuerten Lernens. Lernen in der Praxis der beruflichen Weiterbildung ist gegenwärtig gekennzeichnet durch eine „Differenzierung, Pluralisierung und Entgrenzung von Lernorten“ (Dehnbostel, 2011, S. 53; auch Hof, 2009; Kade& Nittel, 2002, S. 202).
Frank Bernhard Behr: Lernhabitus und Weiterbildung
1
Titelei
2
Impressum
5
Danksagung
6
Kurzzusammenfassung
8
Abstract
9
Inhaltsverzeichnis
10
1 Einleitung
14
2 Weiterbildungsverhalten von Lehrpersonen
20
2.1 Begriffliche Differenzierung der beruflichen Weiterbildung
20
2.2 Weiterbildung im Lehrerberuf
26
2.3 Formale und informelle Weiterbildung von Lehrpersonen
27
2.4 Empirische Befunde zur Weiterbildungsbeteiligung
32
2.5 Hinderungsgründe für die Beteiligung an Weiterbildung
55
2.6 Determinanten des Weiterbildungsverhaltens
60
2.7 Zusammenfassung und Konsequenzen für die Studie
73
3 Der Habitusbegriff von Pierre Bourdieu
76
3.1 Die Ursprünge des Habitusbegriffs
76
3.2 Funktionen des Habitusbegriffs
78
3.3 Genese des Habitus – Habitualisierung
82
3.4 Wirkungsweise des Habitus
84
3.5 Hauptmerkmale des Habitus
94
3.6 Habitusforschung im Feld der Bildung
102
3.7 Fazit
119
4 Der Lernhabitus
122
4.1 Der Wirkungszusammenhang von Habitus und Lernen
122
4.2 Bisherige Verwendungsweisen des Lernhabitusbegriffs
124
4.3 Das Konzept des Lernhabitus
125
4.4 Die Dimensionen des Lernhabitus
126
4.5 Fazit
136
5 Hypothesen
138
6 Methoden
142
6.1 Untersuchungsdesign
142
6.2 Stichprobenziehung und Durchführung der Haupterhebung
143
6.3 Datenerhebung mittels Online-Fragebögen
145
6.4 Stichprobenbeschreibung
146
6.5 Erhebungsinstrumente
148
6.6 Verfahren der Datenauswertung
158
7 Ergebnisse
162
7.1 Der Lernhabitus
162
7.2 Teilnahme an formal-organisierter Lehrerfort- und Weiterbildung
178
7.3 Informelles Lernen
222
8 Diskussion
252
8.1 Die Studie „Lernhabitus und Weiterbildung“ im Überblick
252
8.2 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
254
8.3 Interpretation der Ergebnisse
262
8.4 Grenzen der Studie
271
8.5 Implikationen für Forschung und Praxis
273
8.6 Resümee
277
Verzeichnisse
280
Literatur
280
Abbildungsverzeichnis
302
Rückumschlag
306