Peer-Learning im Übergang von der Kita in die Grundschule Unter besonderer Berücksichtigung der Kinderperspektiven
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Agnes Kordulla
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Peer-Learning im Übergang von der Kita in die Grundschule Unter besonderer Berücksichtigung der Kinderperspektiven
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Verlag Julius Klinkhardt
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9783781556010
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Empirische Forschung im Elementar- und Primarbereich
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1
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CHF 31.40
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Grundschule
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German
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308
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Wasserzeichen/DRM
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PC/MAC/eReader/Tablet
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PDF
Die vorliegende Studie verfolgte das Ziel, zentrale Faktoren zu identifizieren, die bei der Planung und Gestaltung von Peer-Learning-Settings im Übergang von der Kita oder vom Kindergarten in die Grundschule berücksichtigt werden müssen.
Damit sollen Kindern ein bruchloser Übergang und optimale Lernbedingungen am Schulanfang ermöglicht werden.
Zur Erhellung bislang „blinder Flecken“ in der Transitionsforschung wurde unter Einsatz der Videorecall-Methode ein perspektiven- und methodentrianguliertes qualitatives Forschungsdesign gewählt, das die Perspektiven der Kinder besonders berücksichtigt.
Dabei wurden Peer-Interaktionen von Kita- und Grundschulkindern in institutionenübergreifenden Lernwerkstätten über einen Zeitraum von einem Jahr videogestützt beobachtet. Identifizierte Schlüsselszenen bildeten via Videorecall die Grundlage für die Befragung der Akteure. Systematisiert nach individueller, interaktionaler und kontextueller Ebene wurden zentrale Befunde dieser Studie in Qualitätskriterien transformiert.
Sie beschreiben sowohl Voraussetzungen auf Seiten der Lernenden als auch Anforderungen an Peer-Learning-Settings im Übergang und erweitern das gegenwärtig einflussreichste Transitionsmodell in der Übergangsforschung (Griebel& Niesel, 2004, 2015) um wesentliche Aspekte.
1 Kinder als kompetente Akteure – Zum Paradigmenwechsel in der Pädagogik und Kindheitsforschung (S. 17)
Das Interesse an der Kinderkultur und Kinderperspektive bildete in der Geschichte der empirischen Forschung, von einigen Ausnahmen abgesehen (z.B. die Arbeiten von Muchow& Muchow 1935; 2012), eine eher randständige Position. Kinder wurden lange Zeit als defi zitäre, zu sozialisierende Individuen betrachtet, deren Auskunft sfähigkeit aufgrund ihrer in Entwicklung begriff enen (meta-) kognitiven und verbalsprachlichen Fähigkeiten stark angezweifelt wurde. Um Auskünft e über kindliche Sichtweisen auf die Welt zu erheben, wurden i.d.R. Eltern, nahestehende Erwachsene, pädagogische Fach- und Lehrkräft e befragt oder Kinder im Labor oder im Feld beobachtet. Das im 20. Jahrhundert von der Entwicklungspsychologie geprägte Forschungsinteresse an Kindern galt insbesondere der Vermessung kindlicher Entwicklungsstufen an empirisch aufgestellten Normwerten. In der klassischen Soziologie, geprägt durch strukturfunktionalistische Sozialisationstheorien, ging es um die zentrale Frage, wie aus Kindern handlungsfähige und mündige Gesellschaft smitglieder werden und welchen sozialisatorischen Einfl uss die sie umgebenden gesellschaft lichen Kontexte bzw. kompetenteren Erwachsenen ausüben.
Die Kinderkultur mit ihren spezifi schen Ordnungen, Regeln und kindlichen Sichtweisen scheint, historischen Überblicksdarstellungen nach, in Theorie und Empirie eine eher untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Dabei fi nden allerdings Forschungsbeiträge, die eingehende und detaillierte Untersuchungen zu kindlichen Sichtweisen, sowie den schulischen und familalen Kontexten dokumentieren, wie z.B. die von du Bois-Reymond und Söll (1974) wenig Beachtung. Warum aktuelle Veröff entlichungen diese Vorentwicklungen ausblenden, lässt sich im Rahmen dieses Kapitels nicht erörtern. Allerdings kann aus diesen bestehenden Forschungsarbeiten geschlossen werden, dass neue Paradigmen schrittweise, mit einem langen Vorlauf erst entwickelt werden müssen, bevor sie Eingang in die Wissenschaft sdisskussion fi nden. In der familialen Erziehung und institutionalisierten Pädagogik zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Kinder wurden primär als schutz- und erziehungsbedürft ige Wesen betrachtet, die auf das Erwachsenenleben vorzubereiten und an gesellschaft liche Normen, Regeln und Erwartungen heranzuführen seien. Erziehung und Unterweisung hatten in Elternhaus und Schule einen zentralen Stellenwert. Die Berücksichtigung kindlicher Sichtweisen und stärkere Beachtung ihrer Bedürfnisse nach Autonomie und Partizipation, eine sogenannte „Pädagogik vom Kind aus“ blieb, mit Ausnahme von reformpädagogischen Einfl üssen des 20. Jahrhunderts, bis zum Zeitalter der Demokratisierung und Liberalisierung familialer und institutioneller Beziehungsverhältnisse eher randständig (vgl. Büker, 2015). Aus der historischen Kindheits- und Familienforschung ist bekannt, dass sich die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert hat. In der Eliasschen Tradition wird dieser Wandlungsprozess als Wechsel „vom Befehls- zum Verhandlungshaushalt“ (Bois-Reymond&Torrance, 1994) beschrieben.
Spätestens seit Anfang der 90er Jahre ist in der sozialwissenschaft lich, psychologisch und soziologisch geprägten Kindheitsforschung und Pädagogik ein Paradigmenwechsel zu verzeichnen. Kinder werden nicht mehr ausschließlich als Objekte von Erziehung und Sozialisation verstanden, die der Förderung, des Schutzes und der Erziehung bedürfen. Sie sind nicht mehr Untersuchungs- und Forschungsobjekte, auf die man schaut (vgl. Fölling-Albers, 2010).
Agnes Kordulla: Peer-Learning im Übergang von der Kita in die Grundschule
1
Titelei
4
Impressum
5
Vorwort und Danksagung
6
Inhaltsverzeichnis
8
Einleitung und Überblick
12
1 Kinder als kompetente Akteure – Zum Paradigmenwechsel in der Pädagogik und Kindheitsforschung
18
2 Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule – Theoretische Betrachtungen
26
2.1 Begriffsklärung „Transition“
26
2.2 Das Transitionsmodell
27
2.3 Ökosystemische Betrachtung des Übergangs
27
2.4 Übergang als ein Kritisches Lebensereignis
29
2.5 Übergang aus Sicht der psychologischen Stresstheorie
29
2.6 Übergang als Entwicklungsaufgabe und Statusveränderung
30
Zusammenfassung
31
3 Ausgangslage und Begründungsdimensionen für die Kooperation von Kindergarten und Grundschule
34
3.1 Historischer Abriss und Standortbestimmung zur Kooperation von Kindergarten und Grundschule
37
3.2 Rechtliche Grundlagen
40
3.3 Projekte zur Optimierung der Übergangsgestaltung
41
3.4 Forschungsstand zur Kooperationspraxis zwischen Kita und Grundschule
44
3.5 Studien zur Perspektive von Kindern auf den Übergang und die Übergangsgestaltung
46
4 Ko-konstruktion von Wissen durch Peer-Interaktion
50
4.1 Sozialkonstruktivistische Sicht auf das Lernen
50
4.2 Peers, Peer-Interaktion und Peer-Learning
52
4.3 Spezifische Anforderungen an die Lernenden
55
4.4 Spezifische Anforderungen an die