: Thomas Kastura
: Sieben Tote sind nicht genug Brandeisen& Küps ermitteln
: ars vivendi
: 9783869138572
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 250
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wieder begeben sich Staatsanwalt Brandeisen und Kommissar Küps auf Verbrecherjagd ... mit ungewöhnlichen Methoden und jeder Menge Humor. Die beiden Bamberger Ermittler haben es mit einem scheinbar perfekten Mord zu tun, stellen schweißtreibende Nachforschungen in der Sauna an und werden sogar Zeugen eines Gefängnisausbruchs während der Sandkerwa. Ob im Kurhotel, auf dem Tennisplatz oder in einem Glockenstuhl - Brandeisen und Küps scheuen keine Mittel und Mühen, Kriminelle festzusetzen. Mit der Realität nehmen sie es in dem Bestreben, wenigstens einmal einen ganz großen Fall lösen, manchmal nicht so genau. Dann sind ihnen selbst sieben Tote nicht genug ...

Thomas Kastura, geboren 1966 in Bamberg, lebt ebendort mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern. Er studierte Germanistik und Geschichte, arbeitet seit 1996 als Autor für den Bayerischen Rundfunk und veröffentlichte zahlreiche Erzählungen, Jugendbücher und Kriminalromane, u. a. 'Der vierte Mörder' (2007 auf Platz 1 auf der KrimiWelt-Bestenliste), 'Drei Morde zu wenig' sowie aktuell den Thriller 'Dark House'. Thomas Kastura ist außerdem Herausgeber der ars vivendi-Krimianthologien 'Tatort Garten' und 'To die, or not to die'.

 

Genug ist genug

Die Totenglocke auf dem Mühlendorfer Friedhof schickte ein monotonesBimm, bimm in den wolkenverhangenen Dezemberhimmel. Es war der Samstag vor dem zweiten Advent, und es regnete, unablässig und ergiebig, als wollten unbekannte Mächte das Begräbnis, schon bevor es vollzogen war, in die feuchten Tücher des Vergessens hüllen. Sogar die Krähen schwiegen.

Fred Dennert trat seine letzte Reise an. Er war vielleicht der unbeachtetste Schriftsteller Frankens, eines Landstrichs, der mit verhinderten, mit verkannten und vor allem sich verkannt fühlenden Autorinnen und Autoren reich gesegnet war. Außer dem Priester folgten nur wenige Trauergäste dem Sarg.

Da waren die Kartelbrüder des Verblichenen, drei an der Zahl. An jedem Samstagabend hatte er mit ihnen Schafkopf gespielt. Nicht wegen des geselligen Miteinanders, sondern um auf dem Fluss seines ereignislosen Lebens zumindest einmal in der Woche eine Insel der Unwägbarkeit anzulaufen. Einer Unwägbarkeit freilich, die in engen Bahnen verlief, da der Gewinn oder Verlust eines Schellen-Solos nicht gerade über Leben und Tod entschied.

Dennerts Zugehfrau, die für das schwere Geläuf die falschen Schuhe trug und mit ihren Lackpumps bei jedem Schritt im aufgeweichten Boden stecken blieb, war es nie gelungen, die Beziehung zu ihrem Arbeitgeber zu vertiefen. Stets hatte er ihr gegenüber die Haltung eines wenn auch liebenswürdigen, so doch distanzierten Schrats bewahrt. Dies hatte sie ihm nicht übel genommen, da sie wusste, welch imaginären Geliebten er in Wahrheit verfallen war: der Kunst und ihrer launenhaften Schwester, der Inspiration.

Staatsanwalt Brandeisen begrüßte es sehr, dass er einen ausladenden, handgefertigten Regenschirm der Londoner FirmaJames Ince& Sons mit sich führte. Als einziger Freund Dennerts, den er noch aus der Gymnasialzeit kannte und zum Zwecke geistreicher Konversation einmal im Monat in Mühlendorf besucht hatte, hielt er die Grabrede.

Dennert war nichts näher, nichts höher gestanden als das Schreiben. Keine Ablenkung hatte er geduldet, weder durch die Bande zwischenmenschlicher Liebe noch durch die Aufnahme einer wissenschaftlichen Karriere. Stattdessen war er in das »Bleistiftgebiet« vorgedrungen, in dem schon der Schweizer Autor Robert Walser sein Dasein zugebracht hatte, wenn auch überwiegend in der Obhut geschlossener Anstalten. Doch Walser hatte ein gedrucktes Œuvre hinterlassen, das nach seinem Tod in die Geschichte eingegangen war.

Anders Dennert. »Unser lieber Fred«, führte Brandeisen aus, »schrieb seit seinem Abitur jedes Jahr einen Roman, ohne dass eine Menschenseele davon erfuhr. Abgesehen von mir, der ich die Ehre hatte, die Manuskripte kritisch zu kommentieren, kennt die Welt keine einzige Zeile aus seiner Hand. Er hinterlässt dreißig Romane, die er jedoch unter keinen Umständen publiziert sehen wollte. Er schrieb für niemanden. Sobald er ein Manuskript für beendet erklärte, wollte er schon nichts mehr davon wissen. Nichts lag ihm ferner als konventioneller Ruhm, den er – wie schon Balzac – für ein Gift hielt, das der Mensch, wenn überhaupt, nur in kleinen Dosen verträgt.«

Brandeisen machte eine