Dienstag 23. Dezember
Es war fünf Uhr nachmittags und über dem Land wölbte sich ein tiefschwarzer Himmel. Winter in der Provence. Natürlich lag kein Schnee. Das gab es hier nur selten. Die Landschaft versank in der alles umhüllenden, dunklen Stille.
Nur in den Städten herrschte Leben. Die Weihnachtsdekoration in den Straßen und auf den Plätzen von Aix en Provence glitzerte und funkelte und tauchte die Altstadt in helles Licht. Keine Spur von düsterer Winterstimmung. Im Gegenteil, quirliges Leben herrschte in den Einkaufsstraßen der Stadt.
Odile Papperin hatte sich bei ihrem Sohn eingehakt. Bepackt mit prallvollen Einkaufstüten schlenderten die beiden in Richtung des Parkhauses an der Avenue Jean Jaurès am Rande der Altstadt.
„Wahnsinn! Diese Stromverschwendung!“, meinte Jean-Luc Papperin mit einer Kopfbewegung zu den flimmernden Figuren und Girlanden, Sternen, Blumen, Weihnachtsmännern in Rentiergespannen und allen nur denkbaren Ornamenten, die sich blinkend und blitzend über die Einkaufsstraße spannten und in den Bäumen und an den Hausfassaden hingen.
„Ich finde das schön!“, widersprachmadame Papperin. „Viel hübscher als die paar langweiligen Sterne bei uns in Cabanosque. Unser Bürgermeister sollte sich hieran ein Beispiel nehmen. Unser Dorf ist richtig tot, langweilig an Winterabenden. Alles dunkel, die meisten Bars geschlossen, keine Menschen auf der Straße. Aber hier, hier ist was los. Das gefällt mir!“
„Ich mag Cabanosque im Winter, ohne die vielen Touristen, die es im Sommer immer heimsuchen. Da ist es wie früher, bevor die Provence von den Engländern, Holländern und Deutschen als Urlaubsziel entdeckt wurde. Komm, schauen wir, dass wir zum Auto und nachhause kommen!“ Jean-Luc Papperin beschleunigte seine Schritte und wollte seine Mutter mitziehen. Doch die blieb stehen und deutete auf die hell erleuchtete Schaufensterfront eines Modegeschäfts.
„Sie doch, derpère noël dort im Eingang! Wie er in seinem Schlitten sitzt und Geschenke an Kinder verteilt. Das ist doch nett!“
Im breiten Zugang zum Kaufhaus, noch vor den weit geöffneten Glastüren, stand ein Schlittengespann. Zwei gläserne Rentiere zogen einen großen silbernen Hörnerschlitten auf dem ein Weihnachtsmann thronte. Er saß inmitten eines Berges von Geschenkpäckchen, die in glitzernd-bunter Weihnachtsfolie verpackt waren. Immer wieder griff er in einen Sack aus rotem Samt, aus dem er Weihnachtsgebäck und Schokofiguren nahm und an die ihn begeistert umringenden Kinder verteilte. Er sprach mit den Kindern, schien seine Späße mit ihnen zu treiben, denn immer wieder erschallte ihr fröhliches Lachen hinaus auf die Straße. Entzückt lauschte Odile Papperin, und auch ihr skeptischer Sohn schien Gefallen an der Freude und Begeisterung der Kinderschar zu finden. Natürlich konnten sie nicht verstehen, was derpère noël alles sagte. Das drang nicht bis z