1986
»Heute gibt’s ein Gewitter, Eddie.«
Mein Dad liebte es, mit seiner tiefen autoritären Stimme das Wetter vorherzusagen, wie die Leute im Fernsehen. Er sprach jedes Mal mit absoluter Überzeugung, auch wenn er meist danebenlag.
Ich sah aus dem Fenster in den vollkommen blauen Himmel, so strahlend blau, dass man blinzeln musste.
»Sieht mir nicht nach einem Gewitter aus, Dad«, sagte ich mit einem Bissen Käsesandwich im Mund.
»Weil es keins geben wird«, sagte Mum, die plötzlich lautlos wie ein Ninja-Krieger in die Küche gekommen war. »DieBBC sagt, das ganze Wochenende wird warm und sonnig … und sprich nicht mit vollem Mund, Eddie«, fügte sie hinzu.
»Hmmmm«, machte Dad, wie immer, wenn er anderer Meinung war als Mum, ihr aber nicht zu widersprechen wagte.
Niemand wagte Mum zu widersprechen. Mum war – und ist – irgendwie unheimlich. Sie war groß, hatte kurzes dunkles Haar und braune Augen, die vor Vergnügen funkeln konnten oder fast schwarz wurden, wenn sie wütend war (und ähnlich wie den unglaublichen Hulk wollte niemand sie wütend machen).
Mum war Ärztin, aber keine normale Ärztin, die den Leuten wieder ihre Beine annähte oder einem irgendwelche Spritzen gab. Dad hat mir mal erzählt, dass sie »Frauen hilft, die in der Klemme sind«. Was genau das sein sollte, sagte er nicht, aber ich nahm an, es musste schon was ziemlich Schlimmes sein, wenn man dafür einen Arzt brauchte.
Dad arbeitete auch, aber von zu Hause aus. Er schrieb für Zeitschriften und Zeitungen. Doch nicht immer. Manchmal stöhnte er, niemand wolle ihm Arbeit geben, oder meinte mit bitterem Lachen: »Diesen Monat einfach nicht mein Publikum, Eddie.«
Als Kind kam es mir nicht so vor, als hätte er einen »richtigen Job«. Nicht für einen Dad. Ein Dad sollte Anzug und Krawatte tragen und morgens zur Arbeit gehen und abends zum Essen nach Hause kommen. Mein Dad ging zur Arbeit ins Gästezimmer und setzte sich manchmal sogar ungekämmt in Schlafanzug und T-Shirt an den Computer.
Mein Dad sah auch nicht aus wie andere Dads. Er hatte einen Zottelbart und lange, zu einem Pferdeschwanz gebundene Haare. Er trug abgeschnittene Jeans mit Löchern drin, sogar im Winter, und verwaschene T-Shirts mit den Namen alter Bands wie Led Zeppelin oder The Who. Manchmal trug er auch Sandalen.
Fat Gav nannte meinen Dad einen »beknackten Hippie«. Wahrscheinlich hatte er damit recht. Aber damals empfand ich das als Beleidigung und schubste ihn, worauf er mich brutal zu Boden stieß und ich zerschrammt und mit blutiger Nase