1. KAPITEL
Die Augenblicke vor dem Unfall spielten sich wie in Zeitlupe ab. Die Zeit blieb förmlich stehen, räkelte sich lethargisch in der Sonntagssonne. Und obwohl die Autos über zweihundert Stundenkilometer schnell fuhren, lag eine hypnotische, ballettartige Symmetrie in ihrer Bewegung.
Sasha Fleming erstarrte, und ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus, als sie tatenlos mit ansehen musste, wie Rafaels Frontflügel den Hinterreifen eines langsameren Nachzüglers abtrennte. Carbon im Wert von mehreren Hunderttausend Pfund wurde zusammengequetscht. Zerfetztes Metall durchschnitt den linken Reifen, und der Wagen wurde neunzig Grad herumgerissen.
Der weltberühmte Rennwagen flog durch die Luft, und für ein paar kurze Sekunden sah er aus wie ein futuristisches Flugzeug.
Schließlich siegte die Schwerkraft. Die Explosion war ohrenbetäubend, und das Kreischen des Metalls wurde durch die übergroßen Lautsprecher noch verstärkt. Im nächsten Moment war die weiße Betonwand hinter der Haarnadelkurve mit dem Grün von Rafaels Wagen bedeckt.
„Er hatte einen Unfall! Er hatte einen Unfall! Nach einem Start aus der Pole-Position hat der amtierende Weltmeister Rafael de Cervantes seinen Espiritu DSII gecrasht. Noch heute Morgen hieß es, sein Wagen sei unzerstörbar. Wie man sich täuschen kann.“
Sasha riss sich den Kopfhörer vom Kopf. Die hektische Schadenfreude in der Stimme des Kommentators und das ohrenbetäubende Getöse der übrigen Rennwagen auf dem Hungaroring waren zu viel für sie. Doch ihr Blick blieb auf die Bildschirme an der Wand geheftet, wo sie und die Boxencrew den schrecklichen Unfall verfolgten.
„Stellt den Ton lauter“, rief jemand.
Sie presste die Lippen zusammen und verschränkte die Arme. Erinnerungen an ein anderes Ereignis, einen anderen Unfall untermalten das Gemetzel auf dem Bildschirm, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte – ein Ereignis, das ihr Leben für immer verändert hatte.
„Manchmal muss man den Schmerz zulassen, um darüber hinwegzukommen. Du musst in ihn hineintauchen, bis er dich irgendwann wieder ausspuckt.“
Wie oft hatte ihr Vater das zu ihr gesagt? Als sie sich bei den ersten Radfahrversuchen den Knöchel verstaucht hatte. Als sie vom Baum gefallen war und sich den Arm gebrochen hatte. Als sie mit zehn ihre Mum verlor. Als sie sich in den falschen Mann verliebt und die bitteren Konsequenzen hatte tragen müssen.
Die Stimme des Kommentators durchschnitt ihre Gedanken.„Im Wagen bewegt sich nichts. Das Rennen wurde unterbrochen, das Sicherheitsauto ist unterwegs. Ebenso der Krankenwagen. Ich muss sagen, es sieht nic