Bordeaux, Maison Larrieu, Rue Sainte-Colombe Nummer 51, zwischen dem Glockenturm von Saint-Éloi und dem Cours d’Alsace-et-Lorraine. Jean-Louis Larrieu, der heutige Direktor der Firma – es handelt sich eigentlich um eine Fabrik – hört es nicht gern, wenn man von einem »Geschäft« spricht. Als solches kündigt sich dieses Stammhaus aber durch seine in den Schaufenstern zur Straße hin ausgestellten Artikel an und wirkt auf davor anhaltende Passanten ein: Denn alles dort, was man vor sich hat und worüber man mutmaßt, ist außergewöhnlich. Ich kenne jedenfalls nichts Vergleichbares in Frankreich oder Europa. Es handelt sich um eine Fabrik für Netze, Reusen und im weiteren Sinne für alles, was dazu dient oder dazu dienen könnte, lebende Tiere zu fangen oder anzulocken und zu sich zu ziehen: eine unerschöpfliche Ansammlung von Gegenständen, die mit Jagd und Fischfang zu tun haben (obwohl die Netze auch einige andere Funktionen erfüllen, zum Beispiel auf Baustellen) – Gegenstände also, die auf den ersten Blick keine Sympathie erwecken, sind sie doch direkte Ergebnisse des menschlichen Willens, zu beherrschen und zu dominieren. Ja, aber was sich schon von der Straße aus, von dieser Straße der Altstadt in Bordeaux, aufdrängt und ins Auge springt, ist eine von der Landschaft durchdrungene Wissenschaft, Strategien der List und des Dechiffrierens, nahezu unbekannte und geheime Affekte, gebunden an als Reviere empfundene und seit Jahrhunderten durchquerte Orte: Lockpfeifen, die Drosseln, Wachteln oder Wildschweine imitieren, Schmetterlingsnetze, Seile, Fangnetze und andere Werkzeuge für das Wattfischen, doch vor allem Netze und Reusen in allen Größen und Formen, mit großen oder kleinen Maschen, streckbar, biegsam, gelenkig.
Für den Fischfang also, und nur dafür, gibt es in der Kategorie Netze Spiegelnetze, Flaken, Ringwaden, Senker und Wurfnetze und in der Kategorie Reusen, neben Gründlingssäcken, aus denen die kleinen Fische nicht mehr entwischen können (so etwas wie ein Nullpunkt der Reuse), sämtliche Varianten, die dieser oder jener Fischart angepasst sind (man fängt Aale nicht wie Neunaugen oder Tintenfische), und vor allem Garnschläuche, diese gelenkigen, mehrere Meter langen Reusen – an der Decke des Geschäfts aufgehängt wirken sie wie biegsame mathematische Skulpturen: luftige, für die Tiefen des Wassers bestimmte Gegenstände, die für sich selbst stehen könnten, aber nur beflissene und stille Diener der listigen Intelligenz sind, derMetis, und zwar einer bäuerlichen Metis, gebunden an eine Landschaft, in diesem Fall mehr oder weniger an die Umgebung von Bo