: Juliane Beer
: Selbst gerächt
: Periplaneta
: 9783959960540
: 1
: CHF 5.40
:
: Erzählende Literatur
: German
: 114
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Erschüttert über den Tod einer alten Frau, die nach einer Zwangsräumung einen Herzinfarkt erlitt, beschließen vier Frauen, gegen die kriminellen Machenschaften korrupter Immobiliengesellschaften anzugehen. Des Nachts suchen sie sich besonders böse Immobilienmakler und hängen sie kopfüber im Park auf. Die Opfer können stets schnell gerettet werden und so werden die Parkhenkerinnen zunächst nur belächelt. Doch dann hängt eines Morgens ein Miethai tot im Baum ... Trotz seines ernsten Themas ist 'Selbst gerächt' ein durchaus humorvoller Kurzkrimi, der dafür sorgt, dass man inmitten horrend steigender Mieten, künstlicher Wohnraumverknappung, Zwangsräumungen und Verdrängung noch etwas zu lachen hat.

Juliane Beer wurde 1964 in Bonn geboren. Durch ihren Vater, der im Hotelgewerbe tätig war, wurde ihr eine abwechslungsreiche Kindheit und Jugend beschert. So lebte sie an den unterschiedlichsten Orten in Norddeutschland und sogar London, wo sie schließlich eine Ausbildung zur Wirtschaftsübersetzerin absolvierte. Ab 1986 wurde sie dann aber doch sesshaft, und zwar in Berlin. Neben ihrem Brotberuf als Übersetzerin arbeitete sie außerdem an verschiedenen Off-Theater-Produktionen mit; beispielsweise Heiner Müllers 'Medea Material' und einer Caligula-Fassung nach Albert Camus. Um die Jahrtausendwende fing sie das Schreiben an. Bisher erschienen sechs Romane zum Zeitgeschehen, sowie Kurzprosa in verschiedenen Magazinen und Anthologien. Das Hauptthema der Berliner Autorin ist die Frage nach Lebensentwürfen und dem Arbeitsbegriff in der Postmoderne. Neben dem Scheiben ist sie aktiv in Initiativen für ein weltweites bedingungsloses Grundeinkommen. https://ju3iane.wordpress.com

§

Ida sitzt im Umkleideraum. Ihre nächste Stunde beginnt um 14.00 Uhr. Pädagogisches Turnen für Kinder mit mentaler Retardierung, wie man das heutzutage nennt. Sie wird zum ersten Mal eine Stunde leiten, aber unter fachkundiger Aufsicht. Dennoch ist sie aufgeregt. Es ist zu riskant, jetzt noch in die Kantine zu gehen. Ida möchte auf keinen Fall zu spät zurückkommen. Nein, sie wird hier warten und schauen, ob sie den Kindern beim Umziehen assistieren kann. So werden sie sie gleich kennenlernen. Nicht, dass sie Angst vor der fremden Frau in der großen Halle zwischen all diesen Turngerätschaften bekommen.

Ida trinkt einen Schluck Tee aus der Thermoskanne, isst eine Banane, schaut in die Zeitung von heute.

Hat die Park-Bande erneut zugeschlagen?, wird im Lokalteil getitelt.Oder gibt es Trittbrettfahrer? Neuste Erkenntnis: Die Gesuchten, die genauso wie in den vorherigen Fällen mit äußerster Brutalität vorgingen, wären weiblich, laut Opfer Hera H., 46, Wohnungseigentümerin. Frau H. könne sich allerdings auch irren. Der Schock sitze noch tief. Sie sei wie alle bisherigen Opfer knapp dem Tod entgangen. Eines Fehlverhaltens in ihrer Rolle als Vermieterin sei sie sich nicht bewusst. Ihrer Einschätzung nach handelt es sich bei den Täterinnen um eine Bande kranker Psychopathinnen. Urin sei dieses Mal nicht verwendet worden, wie es weiter heißt.Laut Labor hätte der Eimer, der unter dem Kopf des Opfers platziert worden war, den Sud einer ausgekochten Schweineleber enthalten, die in jedem Supermarkt erworben werden könne. Und so weiter …

Ida stopft die Zeitung in ihre Sporttasche. Knapp dem Tod entgangen, aha! Polizei und Presse setzen jetzt absichtlich auf Dramatisierung, das war zu erwarten.

Wir müssen eine öffentliche Erklärung herausgeben, schießt es Ida durch den Kopf. Am besten noch heute.

Im Flur ertönen Jauchzer und Gelächter. Ida schließt die Augen, atmet tief durch. Ihre Kinder kommen.

§

Hängt ein Mensch unter Aufsicht einer Krankenschwester circa fünf Minuten bis zur Nase in der Pisse, lässt unsere Polizei die Medien das zu einem Akt äußerster Brutalität erklären.

Wie lächerlich! Niemand war auch nur eine Minute in Gefahr – im Gegensatz zu den Opfern von Zwangsräumungen und Vertreibung.

Wir machen weiter! Schließt euch uns an!

Nennt uns eure PeinigerInnen. Wir verpassen ihnen einen Denkzettel. Macht, dass sie sich nirgendwo mehr sicher fühlen. Versetzt sie in Dauerstress, wie sie euch in Dauerstress versetzen.

Verlangt menschenwürdige Verhältnisse! Das ist euer Recht!“

Nachdem sie ihr Blog auf den aktuellen Stand gebracht und den neuen Text an die Berliner Presse gemailt haben, sitzen Ida und Leyla noch einen Augenblick am Tresen des Internetcafés.Das ist euer Recht!, dieser Satz ging den beiden Frauen schwer von der Hand. Keine hat mit der anderen darüber gesprochen. Vielmehr haben sie sich gegenseitig zugenickt, schweigend, aber mit Nachdruck. So, als müssten sie sich gegenseitig der Richtigkeit dieser Aussage versichern.

Natürlich stimmt der Verstand beider Frauen zu, ja, es ist jedermanns Recht, menschenwürdige Zustände zu verla