: Tom Kraftwerk
: Warten auf Foucault Anleitung zum Nicht-Studieren
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732549276
: 1
: CHF 8.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 221
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Immer mehr Bachelor-Studenten hetzen durch ihre paar Jahre an der Uni und verpassen dabei die wichtigste Lektion: Denn es geht beim Studium nicht darum, abkömmliches Fachwissen anzuhäufen, sondern um Lebenserfahrung. Und die bekommt man am besten in ungewöhnlichen Nebenjobs, überfüllten WGs und experimentellen Beziehungsformen. Als vorlauter Vertreter seiner Generation erzählt Tom Kraftwerk aus seinem Studentenleben und wirft liebgewonnene Bildungs-Dogmen über den Haufen. Ein Mutmach-Buch für trödelnde Studenten, ein erhobener Zeigefinger für alle Streber und eine Beruhigungspille für hysterische Eltern.


Kapitel 2:


Aller Anfang ist Bier


Da ich unbedingt studieren wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als meine Bewerbungen fertigzustellen. Psychologie sollte aber nach dem Jobinterview mit der Psychologin nicht die einzige Option bleiben. Ich bewarb mich nach dem Wikipedia-Prinzip: Fachrichtung googeln – Wikipedia-Eintrag lesen – entscheiden, ob ich das cool finde oder nicht. Eine engere Auswahl traf ich anhand der Dinge, die mir in der Schule Spaß machten.

In meinem Politik-Leistungskurs hatte ich mal eine Arbeit über Monetarismus und Keynesianismus angefertigt und das ziemlich spannend gefunden. Nächtelang zerbrach ich mir während meiner Schulzeit den Kopf über Gesellschaftstheorien. Geschichte und Politik waren meine Lieblingsfächer. Einer meiner engsten Freunde, David, leistete mir bei meinen Überlegungen häufig Sparring. Während ich mich für Marx und die Idee des Sozialismus begeisterte, war er immer etwas nationalistischer und neoliberaler. Die Gespräche, die wir führten, endeten nie in Mord und Totschlag, sondern basierten stets auf gegenseitigem Respekt, auch wenn wir unterschiedlicher in unseren Meinungen nicht hätten sein können. Links und rechts waren für uns Überzeugungen, die man in Diskussionen vertreten konnte, mit denen wir uns aber nicht voneinander abgrenzten oder Gewalt gegen wen oder was auch immer rechtfertigten. Heute bin ich übrigens deutlich konservativer, und er ist der linke Spinner.

Ich bewarb mich meinen Interessen entsprechend für Wirtschaftswissenschaften. Da man bei einigen Universitäten auch einen Zweit- und Drittwunsch angeben konnte, fügte ich meinen Bewerbungen häufig Politikwissenschaften hinzu. Auch Psychologie war ein Fach, auf das ich mich bewarb, aber nicht mehr mit dem Ziel, Therapeut zu werden, sondern weil die Inhalte spannend waren. Wenn die Uni es anbot, wählte ich auch Soziologie aus. Insgesamt muss ich mich an zirka dreißig Universitäten auf eine Kombination aus diesen Studiengängen beworben haben.

Relativ schnell bekam ich die ersten Rückmeldungen per Post. Allesamt Absagen. Das machte mir aber nichts, ich wusste ja, dass ich enorm viele Bewerbungen geschrieben hatte, und irgendeine Uni würde schon zusagen. Einen Favoriten hatte ich nämlich nicht. Hauptsache, erst mal an die Uni, alles Weitere würde sich dann ergeben. Es dauerte nicht lange, bis auch die ersten positiven Rückmeldungen ankamen.

Bielefeld war die erste Universität, die mich haben wollte. Eine Google-Suche ergab, dass Bielefelddie Adresse für Soziologen war, da die Uni bei theoretischen Grundlagen ganz vorn mitspielte. In Bielefeld hatte ich eine Bekannte, die ich mal auf einer Party in Hannover kennengel