Kapitel 2
Dunkle Verbindungen – oder: die Telekom-Affäre
Er ist reich, steinreich. Auf mehr als 45 Milliarden Euro wird das Vermögen von Carlos Slim Helú geschätzt. Den öffentlichkeitsscheuen Mexikaner kannten die Österreicher lange nur aus den Reichenrankings des US-Magazins »Forbes«. Dort bekleidete Slim Helú regelmäßig eine Spitzenposition und wurde bestenfalls von Microsoft-Gründer Bill Gates, Berkshire-Hathaway-Investor Warren Buffett oder dem spanischen Zara-Textilmagnaten Armancio Ortega übertroffen.
Seit wenigen Jahren dreht der 77-jährige Slim auch in der Alpenrepublik ein großes Rad. Der unter Slims Kontrolle stehende Telekom-Gigant América Móvil (Konzernumsatz: 60 Milliarden Dollar; rund 160 000 Mitarbeiter weltweit) schnappte sich im Jahr 2012 die Mehrheit an der börsennotierten Telekom Austria AG (Umsatz: vier Milliarden Euro; 18 000 Mitarbeiter). Ein beachtlicher Deal.
Der Einstieg sorgte für ein politisches Erdbeben. Jahrelang galt die Telekom neben Post AG (Logistik), OMV AG (Öl und Gas) und Verbund AG (Strom) als sakrosankt. Feindliche Übernahmen waren undenkbar. Die Telekom war nicht nur reich und im Wachstum begriffen, sondern auch ein gefragter Arbeitgeber – vor allem für politische Versorgungsfälle. Ein Ausverkauf ins Ausland? Einfach illusorisch. Jeder Versuch scheiterte bereits an der »roten Phalanx«. Gegen Gewerkschaft und SPÖ kam selbst die Regierung von VP-Kanzler Wolfgang Schüssel (2000–2007) nicht an. Die schwarz-blauen Privatisierungsfanatiker boxten zwar einen Börsengang der Telekom Austria durch. Doch selbst nach dem Initial Public Offering im November 2000 blieb der Staat am Ruder. Der staatliche Einfluss schien auf ewig betoniert.
Das Totalverkaufs-Tabu wurde erst viel später und schrittweise gebrochen. Die Aufdeckung der Buwog-Affäre im September 2009 löste eine Kettenreaktion aus, die zahlreiche Korruptionsfälle ans Licht der Öffentlichkeit brachte. Eher nebenbei geriet auch die heile Telekom-Welt ins Wanken. Polizisten und Staatsanwälte witterten eine historische Chance