: Marianne Reißinger
: Verdi für Eilige
: Aufbau Verlag
: 9783841214331
: Für Eilige
: 1
: CHF 6.70
:
: Musik: Allgemeines, Nachschlagewerke
: German
: 213
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Durch sein Geschick, in den großen Konflikten um Liebe und Leidenschaft, die in seinen Opern erzählt werden, auch die politischen Dimensionen aufscheinen zu lassen, wurde Giuseppe Verdi zur Symbolgestalt der italienischen Einigungsbewegung. Der Gefangenenchor aus »Nabucco« avancierte in Italien zur heimlichen Nationalhymne, und die Rigoletto-Arie »La donna è mobile« wurde neben vielen anderen Verdi-Arien weltweit zum geflügelten Wort. Doch wohl die wenigsten kennen mehr als dies aus den 26 Opern Verdis, die sich überwiegend durch äußerst verwickelte Handlungslinien auszeichnen.

Marianne Reißinger, eine exzellente Kennerin des Werkes Giuseppe Verdis, stellt mitreißend und humorvoll die Libretti der wichtigsten Opern vor und führt in ihrem Essay in Leben und Werk ein. Ein vollständiges Verzeichnis der Opern mit den wichtigsten handelnden Personen sowie eine ausführliche Zeittafel zum Leben des Komponisten machen dieses Buch zu einem idealen Brevier für Liebhaber, aber auch für »Opern-Neueinsteiger«.



Marianne Reißinger studierte Musikwissenschaft in Frankfurt, Promotion über Ernst Eichner. Arbeitet als Musikkritikerin und freie Autorin in München.

Nabucco


Jerusalem – Der Frevler – Die Prophezeiung –

Das zerbrochene Götzenbild

Es war in biblischer Zeit. Zumindest wird es so oder so ähnlich im Alten Testament erzählt. Nebukadnezar – die Italiener nennen ihn Nabucodonosor und verkürzen den Namen auch auf Nabucco – war König des eroberungslustigen Reiches Assyrien-Babylonien. In seiner Hauptstadt Babylon opferte er vielen Göttern, in großer Not aber rief er zu Baal, dem obersten und auch im Heiden-Himmel mächtigsten Gott. Die Nachbarstaaten rund um Nabuccos Herrschaftsgebiet lebten in ständiger Furcht vor dem kriegslüsternen, selbstherrlichen Fürsten, denn wann immer er sie angriff, bedeutete das für sie Tributpflicht oder Sklaverei.

Mit dieser permanenten Angst lebten auch die Menschen in Israel und Juda, zwei Teilstaaten der Juden. Jerusalem war das Zentrum ihrer staatlichen Macht und mit dem Salomonischen Tempel auch das weithin sichtbare Zeichen ihrer Religion. Die Hebräer hatten sich, im Gegensatz zu allen anderen Völkern des Altertums, von der Vielgötterei abgewandt und glaubten nur noch an einen einzigen Gott. Er war für sie allgegenwärtig, allmächtig, aber unsichtbar. Sie nannten ihn Jahwe; ein Name, aus dem in nicht ganz korrekter Umwandlung Jehova wurde.

Ihr Vertrauen auf diesen einen Gott, der ihnen ja offensichtlich auch immer half, machte die Hebräer vor allem für Nabucco suspekt. Gab es eine Macht, die stärker war als er? Auch deshalb lag der Babylonier-König schon seit längerer Zeit mit dem Staat der Juden im Krieg. Bereits beim ersten Angriff hatte Nabucco den König Ismael als Geisel mit in seine Residenz genommen und wähnte sich seiner Sache sicher. Doch Nabucco unterschätzte die Macht der Liebe. Gleich zwei Frauen in seinem Palast verliebten sich unsterblich in Ismael: Fenena, die Tochter Nabuccos, und Abigail, jene attraktive Frau, die alle am Hof für eine weitere Tochter ihres Königs hielten, obwohl sie ehemals dessen Geliebte war.

Ismael hatte für die resolute, machtgierige Abigail nichts übrig. Er mochte diesen Typ Frau nicht – schon gar nicht, wenn ihn diese vermeintliche Königstochter in religiösen Dingen zu oft belehren wollte. Abigail versuchte immer wieder, Ismael zum strengen Glauben an Baal und die anderen Götter der Babylonier zu bewegen. Die weiche, liebliche und tolerante Fenena dagegen liebte Ismael vom ersten Augenblick an. Eine Liebe, die ihn blind machte, denn er dachte keinen Moment an die politischen Folgen für sein Land, als er – Geisel und damit Garant für den Frieden – aus Nabuccos Palast flüchtete und mit Fenena in Jerusalem ankam.

Jerusalem

Nabuccos Zorn ließ nicht lange auf sich warten. Nun stand er schon zum zweiten Mal in diesem Jahrzehnt mit seinem Heer vor den Toren Jerusalems. Nicht nur, um seine Tochter zurückzuholen, sondern a