In ihrem Traum riefen die Männer nach Tabak, wie immer. Sie waren ausgemergelt, ungewaschen, verlaust, aus ihren Gliederstümpfen sickerte das Blut durch die Verbände, und hatten dennoch keinen sehnlicheren Wunsch, als ihre Pfeifen zu stopfen. Die Männer streckten die Hände nach Lib, während sie den Krankensaal ausfegte. Durch die rissigen Fenster wehte der Krimschnee, und eine Tür knallte. Und knallte. Und …
»Mrs. Wright?«
»Hier«, krächzte Lib.
»Es ist Viertel nach vier, Sie wollten geweckt werden.«
Sie befand sich in der Kammer über der Krämerschenke, in der exakten Mitte Irlands. Demnach gehörte die Stimme im Türspalt Maggie Ryan. Lib räusperte sich. »Ja.«
Nachdem sie sich angekleidet hatte, holte sie dieBemerkungen zur Krankenpflege hervor und setzte den Finger blindlings auf eine beliebige Stelle. (Wie beim Bibelstechen, mit dem Lib und ihre Schwester sich seinerzeit die öden Sonntage vertrieben hatten.) Frauen, so las sie, seien oftmalsgenauer und sorgfältiger als das starke Geschlecht, weshalb ihnenFehler aus Unachtsamkeit weit seltener unterliefen.
Doch trotz aller Sorgfalt, die sie am gestrigen Tage hatte walten lassen, war es Lib noch immer nicht gelungen, den Mechanismus des Schwindels zu durchdringen. Schwester Michael war die ganze Nacht lang dort gewesen; ob sie das Rätsel gelöst hatte? Lib mochte nicht recht daran glauben. Vermutlich hatte die Nonne mit halbgeschlossenen Augen dagehockt und in einem fort mit ihrem Rosenkranz gespielt.
Nun, Lib hatte nicht die Absicht, sich von einer Elfjährigen hinters Licht führen zu lassen. Heute würde sie nochgenauer und sorgfältiger zu Werke gehen müssen, um sich der Widmung des Bändchens würdig zu erweisen. Da stand sie, in Miss Ns wunderschöner Schrift:Zugeeignet Mrs. Wright, einer wahrhaft geborenen Pflegerin.
Welche Furcht hatte die Frau der armen Lib doch eingeflößt, und das nicht nur bei ihrer ersten Begegnung. Jedes Wort aus dem Munde von Miss N. glich einer Verkündigung von hoher Kanzel.Seiet tüchtig und verweigert dem Herrgott nichts. Tut eure Pflicht, einerlei in welchem Aufruhr sich die Welt befindet. Klaget und verzaget nicht. Es ist besser, in der Brandung zu ertrinken, als untätig am Ufer zu verharren.
In einer privaten Unterredung hatte sie eine besonders seltsame Bemerkung fallen lassen.Sie haben Ihren Mitschwestern gegenüber einen großen Vorteil, Mrs. Wright: Sie sind verwitwet. Frei und ungebunden.
Lib hatte auf ihre Hände geblickt. Ungebunden. Leer.
So sagen Sie mir, sind Sie bereit für diesen guten Kampf? Wollen Sie sich mit Haut und Haaren in die Bresche werfen?
Ja, hatte sie gesagt.Ja.
Es war noch dunkel. Nur ein Viertelmond leuchtete Lib d