: Katja Just
: Barfuß auf dem Sommerdeich Mein Halligleben zwischen Ebbe und Flut
: Eden Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
: 9783959101196
: Sehnsuchtsorte
: 1
: CHF 7.10
:
: Deutschland
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hooge ist eine winzige Hallig im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer mit rund 100 Einwohnern. Eine davon: Katja Just. Vor 16 Jahren tauschte die Großstädterin ihr Leben und ihre aussichtsreiche Karriere im turbulenten München gegen den beschaulichen Alltag auf der Marschinsel ein und hat es seitdem keinen Tag bereut. Denn: Trotz aller Zurückgezogenheit, langweilig wird es auf Hallig Hooge nie! Von Begegnungen mit eigensinnigen Halligleuten über faszinierende Naturschauspiele bis hin zu ungeahnten Herausforderungen am Rande der Zivilisation hat Katja Just einiges zu erzählen. Mit viel Humor und Liebe zum Detail gibt sie Anekdoten aus ihrem Leben auf der Hallig wieder und zeigt den Lesern, wie ereignisreich und erfüllend der Alltag am vermeintlichen Ende der Welt doch sein kann.

Katja Just wurde in München geboren und lebt seit dem Jahr 2000 auf Hallig Hooge. Hier vermietet sie Ferienwohnungen und engagiert sich politisch und gesellschaftlich. Im Juni 2018 wurde sie zur Bürgermeisterin der Gemeinde Hallig Hooge gewählt. Ihr erfolgreicher Erstling »Barfuß auf dem Sommerdeich« stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste.

KAPITEL 2


Der perfekte Plan und was dann kam

Geplant war es ganz anders. Es war der berühmte »perfekte Plan«, den wir gemeinsam entwickelt hatten. Mein Partner sprach von Heirat und von Kindern und einem schönen Reihenhaus mit Garten im Münchner Hinterland.

Ich bin in Ismaning, einem Vorort von München, groß geworden und habe die ersten 25 Jahre meines Lebens dort verbracht. Es war großartig, dort aufzuwachsen. Ländlich, familiär und behütet. In dem damals kleinen Ort kannte man sich. In der Reihenhaussiedlung, in der ich aufwuchs, waren wir Kinder eine feste Clique. Wir heckten regelmäßig Pläne aus und erlebten so einige Abenteuer. Unser »Revier« war riesig, die Freiheit schien grenzenlos. Wir waren viel draußen, bauten Buden und »backten« Sandkuchen, die wir selbstverständlich ausgiebig probierten. Während der Zeit in der Grundschule waren wir noch eng zusammen, danach gingen wir auf unterschiedliche Schulen und die Interessen verschoben sich. Aus den Augen verloren haben wir uns bis heute nicht, aber wir gingen sehr unterschiedliche Wege.

Der meine führte mich zur Lufthansa, bei der ich eine kaufmännische Ausbildung absolvierte und auch im Anschluss übernommen wurde. Ich wechselte von der Konzernmutter zur Lufthansa Technik, direkt am Münchner Flughafen. Dort lernte ich auch meinen Partner kennen. Er war der Computerfachmann und musste bei uns in der Abteilung Probleme beheben. Er sah an meinem Kleiderständer eine Motorradkombi hängen und wollte wissen, ob das meine sei. Ja, es war meine, denn ich fuhr täglich mit dem Motorrad zur Arbeit, und so kamen wir ins Gespräch und sehr schnell auch zur ersten gemeinsamen Ausfahrt, denn er war selbst Motorradfahrer. Das war unsere größte gemeinsame Leidenschaft, ebenso wie das Bergwandern. Die Liebe zur Natur war auf beiden Seiten gegeben.

Ich war Anfang zwanzig, als mein Partner von Heirat und Kindern sprach. Ismaning war inzwischen nicht mehr das Dorf, in dem ich groß geworden war. Es war gewachsen, wurde modern und ein beliebter Wohnort für Menschen, die den Vorteil der stetig wachsenden Infrastruktur rund um München früh erkannten. Der dörfliche Charakter ging verloren, was mich traurig machte, auch wenn ich den wirtschaftlichen Aufschwung ­erkennen und verstehen konnte, der diesen kleinen Ort langsam zu einem exklusiven Vorort von München werden ließ. Das Bild, das sich Ende der Neunzigerjahre entwickelt hatte, hatte nicht mehr viel mit meinen Kindertagen gemein. Der Nachwuchs ging nicht mehr bei Wind und Wetter in Gruppen von mindestens drei, vier Kindern zur Schule, sondern wurde einzeln mit dem Auto bis vor das Schultor gefahren. Das waren keine Kadetts, Käfer oder R4s mehr, sondern riesige Familienkutschen. Natürlich wurden die Kinder auch wieder abgeholt, denn die Nachmittage waren mit Zusatzkursen, Vereinsbesuchen oder Theaterproben stramm durchgetaktet. Klar, wir waren damals auch im Sportverein oder hatten Musikunterricht, aber die Zeit, die wir gemeinsam draußen verbracht haben, überwog deutlich.

All das war präsent, als mich mein Partner mit seinem Kinderwunsch konfrontierte. Diesem Wunsch gegenüber standen meine Erinnerungen, die ja gerade erst ein paar Jahre alt waren. Das verunsicherte mich. Nicht weil ich Angst vor Entwicklung oder Fortschritt habe, beides ist wichtig und ist gerade für die nachfolgende Generation existenziell. Aber die Abenteuerlust und das Freiheitsgefühl, die wir als Kinder im Münchner Vorland ausleben konnten, waren schon damals in den Städten kaum mehr