: Thomas Enger
: Tödlich Thriller
: Blanvalet
: 9783641198732
: Henning-Juul-Romane
: 1
: CHF 8.00
:
: Spannung
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein tiefer See in Norwegen birgt ein fürchterliches Geheimnis - Henning Juul ermittelt.
Was geschah an dem Tag, als der kleine Jonas bei einem Wohnungsbrand ums Leben kam? Wie ein Fluch verfolgt diese Frage den Reporter Henning Juul - bis er der Antwort so nahe kommt, dass er auf offener Straße von Auftragskillern angeschossen wird. Wer sind die Männer? Welche Verbindung haben sie zu dem lange zurückliegenden Mord an einer alten Frau, bei dem die Ermittlung ins Stocken geriet? Und warum taucht der Name von Henning Juuls Schwester in den Akten von einst auf? Henning Juuls eigenes Leben steht auf Messers Schneide, als er seinen persönlichsten Fall löst ...

Thomas Enger, Jahrgang 1973, studierte Publizistik, Sport und Geschichte und arbeitete in einer Online-Redaktion. Nebenbei war er an verschiedenen Musical-Produktionen beteiligt. Sein Thrillerdebüt 'Sterblich' war im deutschsprachigen Raum wie auch international ein sensationeller Erfolg, gefolgt von vier weiteren Fällen des Ermittlers Henning Juul. Aktuell schreibt er zusammen mit Bestsellerautor Jørn Lier Horst die SPIEGEL-Bestsellerreihe über Alexander Blix und Emma Ramm. Er lebt zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in Oslo.

2

Oktober 2009

Die weißen Gardinen filterten das Tageslicht. Die Frau neben Charlie Høisæther drehte sich zur Seite und atmete tief durch die Nase ein.

»Schon wach?«, murmelte sie verschlafen und drückte das Gesicht ins Kissen.

»Mhm«, antwortete er.

Das Licht färbte ihre Wangen weiß, als sie die Knie anzog, eine warme Hand unter der dünnen Decke hervorschob und nach Charlies weichem Bauch tastete.

»Du wirst immer so früh wach«, murmelte sie.

»Mhm. Schlaf einfach weiter.«

Die Gardinen vor dem offenen Fenster bauschten sich in der steten Atlantikbrise. Sechzehn Etagen tiefer rauschte der Verkehr vorbei, verströmte ein Gefühl permanenter Betriebsamkeit. Isabel schlug die dunkelbraunen Augen auf. Charlie spürte ihren inzwischen etwas wacheren Blick auf sich.

»Du hast unruhig geschlafen heute Nacht«, sagte sie. »Hast du schlecht geträumt?«

Er schüttelte den Kopf.

»Was war denn dann?«

»Nichts. Schlaf einfach weiter, Isabel.«

In Wahrheit hatte er so gut wie gar nicht geschlafen. Zurzeit passierte einfach viel zu viel. Tores Tod – und dann dieser Journalist, der ständig anrief und irgendwelche Nachrichten hinterließ.Ich würde gern mit Ihnen über Tore Pulli reden. Ich würde gern einen Telefontermin mit Ihnen vereinbaren. Könnten wir vielleicht ein, zwei Worte über Rasmus Bjelland wechseln?

Nein, konnten sie nicht.

Bloß nicht.

Und dann war da auch noch die Halle, die sie bauen wollten, wenn sie nur endlich den passenden Bauplatz fänden.

»Jetzt bin ich aber wach«, sagte Isabel und streckte die Hand weiter aus. »Und ich finde, das solltest du wiedergutmachen.«

Sie drückte ihm die Hand fest auf den Bauch, direkt über dem Nabel, dann glitt sie tiefer, und er wandte sich ab. Isabel zog die Hand wieder zurück, drehte sich auf den Bauch und schob beide Hände unters Kinn.

»Kaputt?«, fragte sie mitfühlend.

»Bloß müde«, erwiderte Charlie und war dankbar, dass sie kein Drama daraus machte. Dann schob sie ihre Hand erneut unter die Decke, diesmal über seine Brust, streifte durch sein Brusthaar hinauf zu Hals und Kinn, zupfte an seinem Bart und strich neugierig an seiner Narbe entlang.

»Nicht«, sagte er und zog den Kopf weg.

»Entschuldige.«

Er schlug die Decke zur Seite und setzte die Füße auf die nackten, kalten Bodenfliesen, stand auf und trat ans Fenster. Er neigte den Kopf zur linken Schulter, dann zur rechten. Es knackste.

»Entschuldige«, wiederholte sie.

»Schon okay. Schlaf weiter.«

Er zündete sich eine Zigarette an und trat hinaus auf die Dachterrasse. Über ihm blauer Himmel. Die Fliesen hatten sich schon in der Sonne aufgeheizt und brannten unter seinen Füßen. Er lehnte sich ans Geländer. Die kurzen nächtlichen Regenschauer waren längt verdunstet. Der Geruch von Teer und Müll weht