Freitag, 14. November
Zehn Minuten vor dem verabredeten Termin parkte Lämmel sein Fahrzeug vor dem Supermarkt an der Schlossstraße, zog die Handbremse an, stieg aus, schloss ab und fröstelte. Der frühe Nachmittag dieses Tages zeigte sich novemberbleich. Lämmel war immer pünktlich oder zu früh.
Pünktlichkeit war die zweite seiner Tugenden. Beide hatte er wie zwei Koffer aus seinem alten Leben mitgebracht. Die Menge der Gepäckstücke für die Reise war streng limitiert gewesen. Vieles durfte ohnehin nicht eingeführt werden. Das Meiste musste er zurücklassen. Als er seine Koffer dann auf dieser Seite der Realität öffnete, fand er in einem von ihnen neben Pünktlichkeit und Höflichkeit auch etwas Gerechtigkeit. Die kleine Frau kletterte aus dem Koffer und strahlte ihn an. Sie hatte ihn nicht verlassen.
Lämmel sah Gotthart aus einem schwarzen Auto steigen. Die Zentralverriegelung klackte. Mit ausholenden Schritten und rudernden Armen eilte er auf ihn zu.
„Grüß Gott“, schnaufte er. „Wie lange warten Sie denn schon? Ist auch nicht wichtig. Sie sind ja da. Fangen wir an. Sie brauchen Adressen. Adressen sind Ihre Kunden von morgen, und Sie brauchen doch Kunden, oder? Ohne Kunden kein Verkauf und ohne Verkauf keine Provision, kein Geld. Geld ist zwar nicht alles im Leben, aber ohne Geld ist alles nichts.“
Lämmel nickte still. Gotthart bellte ein Lachen und klopfte Lämmel auf die Schulter. „Jetzt passen Sie mal auf! Ich habe alles vorbereitet. Hier ist eine Kladde. Hier haben Sie einen dezenten Kugelschreiber und ausreichend Fragebögen des Instituts für haushaltsnahe Dienstleistungen. Sie sind heute das Wichtigste für uns.“
Lämmel nahm den Kugelschreiber und die Kladde entgegen und klemmte die Fragebögen an ihr fest. Rechts oben auf dem grauen Umweltpapier sah er ein unbekanntes Logo und in geordneter Abfolge unter diesem einige Fragestellungen.
‚Wie viele Personen leben in Ihrem Haushalt? Wie viele Stunden verwenden Sie täglich auf die Hausarbeit? Zu beantworten in einer Skala von eins bis sechs.‘
Lämmel blickte in Gottharts erwartungsvolles Gesicht. Er wollte Zweifel äußern, unterließ es jedoch und fragte lediglich: „Was ist das für ein Institut, dieses Haushaltsinstitut?“
„Haushaltsnahe Dienstleistungen“, korrigierte Gotthart und lachte. „Nehmen Sie’s nicht zu wissenschaftlich. Es ist der Schimmel Schummel, den wir heute reiten. Auf geht’s! Kommen Sie mit, ich werde es Ihnen vormachen.“
Gotthart spähte über den Parkplatz und erblickte eine junge Frau, die soeben die Einkäufe im Kofferraum ihres Wagens verstaute. Er raddampfte ihr kraftvoll entgegen. Lämmel hörte verwundert, wie Gotthart in einen leichten Wiener Akzent glitt.
„Küss die Hand, gnä‘ Frau, ich hätte da einige wenige Fragen im Interesse der Wissenschaft. Eine Umfrage des Instituts für haushaltsnahe